[Bebra -] Gerstungen - Herleshausen - Wartha - Eisenach [- Gotha - Erfurt - Weimar - Weißenfels - Halle/Saale] (Thüringische Stammbahn)
Der Abschnitt von der Landesgrenze zwischen Neustadt (W) und Wommen und der Landesgrenze zwischen Herleshausen und Wartha befindet sich im Werra-Meißner-Kreis.
Planung und Bau:
Der bekannte Eisenbahnpionier und Ökonom Friedrich List hat sich schon, bevor die erste Eisenbahn in Deutschland fuhr, Gedanken gemacht über ein flächendeckendes Fern-Eisenbahnnetz im Deutschen Bund. Dabei hatte er bereits eine Ost-West-Verbindung vorgeschlagen, die in groben Zügen der heutigen Strecke von Gotha nach Bad Hersfeld entspricht. In 1840 wurden mehrere Linienführungen untersucht, wobei drei Varianten für die Strecke von Halle nach Kassel favorisiert wurden.
Diese waren:
Die ersten beiden Varianten wurden dann verworfen und die dritte dann in die Planung ging, wobei hier wiederum zwei Linien zur Auswahl standen:
Entweder Halle - Artern - Sömmerda - Erfurt
oder
Halle - Merseburg - Weißenfels - Weimar - Erfurt
Die Städte der anderen Varianten wurden dann später durch weitere Bahnstrecken auch noch angeschlossen, wobei die hier vorgestellte Streckenführungen so nicht komplett zur Ausführung kam.
Die Entscheidung der heute noch genutzten Bahnstrecke fiel im April 1841 durch Preußen, das mit einem Staatsvertrag vom 20. Dezember 1841 besiegelt wurde. Dieser berief sich auf das preußische Eisenbahngesetz vom 3. November 1838, wodurch Militärtransporte auf der neuen Strecke Vorrechte eingeräumt werden mussten, sowie der Post vorteilhaft befördert werden sollte. Doch die Strecke war nur für Preußen zu planen, denn westlich von Gerstungen begann das Kurfürstentum Hessen. In einer Übereinkunft wurde auch hier die Weiterführung der Bahn über Bebra nach Kassel geplant. In 1842 gab es noch einen Erlass, der die Enteignung von für die Bahnstrecke benötigte Grundstücke vorsah, damit diese Flächen dem Eisenbahnbau zur Verfügung standen und verkauft werden mussten. Der Aufruf zur Gründung von Aktienvereinen, die wiederum eine Aktiengesellschaft gründeten hatte Erfolg, so wurde am 25. März 1843 die »Thüringische Eisenbahn-Gesellschaft« gebildet. Im gleichen Jahr erfolgten die technischen Untersuchungen durch Ingenieure und diese berechneten einen Kapitalbedarf von 9,8 Millionen Talern (heute etwa 343,7 Millionen €, Stand 2022) für die Strecke von Halle nach Gerstungen. Die Thüringischen Regierungen übernahmen Aktien im Wert von 2,25 Millionen Talern, die restlichen Aktien für den Bau waren innerhalb kürzester Zeit vergeben. Es folgten die Konzessionen von Preußen am 20. August 1844 und kurz darauf die der thüringischen Regierungen, dem Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach am 10. September und am 13. September des Herzogtums Sachsen-Coburg-Gotha. Der Baubeginn der 188,7 km langen Gesamtstrecke, die zwischenzeitlich als »Thüringer Stammbahn« bezeichnet wurde, war im Oktober 1844 in Halle und wurde dann in Richtung Westen fortgeführt, somit kam es damit auch zu den Streckeneröffnungen in Teilabschnitten:
Halle - Weißenfels | 20. Juni 1846 |
Weißenfels - Weimar | 19. Dezember 1846 |
Weimar - Erfurt | 1. April 1847 |
Erfurt - Gotha | 10. Mai 1847 |
Gotha - Eisenach | 24. Juni 1847 |
und der hier interessante Streckenteil: | |
Eisenach - Gerstungen | 25. September 1849 |
Das erste Empfangsgebäude von Eisenach, ein spätklassizistischer Bau. Zeitgenössische Zeichnung von 1847
Die Gesamtbaukosten betrugen 1.134.487 Taler und wurden um 241.000 Taler überschritten, das wiederum mit zusätzlichen Ankäufen von Grundstücken zu tun hatte, die von den Eigentümern nicht mehr genutzt werden konnten, da sie eventuell nicht mehr auf das Land kamen und auch eine höhere Entschädigung, um einen freiwilligen Verkauf zu erreichen.
Eröffnung und Vereinfachung des Betriebes bis 1900
Am 18. Juni 1847, sechs Tage vor der offiziellen Eröffnung traf die erste Dampflokomotive in Eisenach ein. Am 24. ging der Bahnhof in Betrieb und Eisenach war Endpunkt der Strecke aus Halle. Warum es nun solange gedauert hat, dass die 24,4 km lange Reststrecke bis Gerstungen eröffnet wurde, hing damit zusammen, dass die Thüringische Eisenbahngesellschaft einen Gemeinschaftsbahnhof mit der Möglichkeit die Züge von der einen Bahngesellschaft auf die andere zu überführen, wollte. Erst in 1848 konnte man sich mit der Friedrich-Wilhelms-Nordbahn einigen und Thüringen setzte Gerstungen durch. Aber auch könnte es noch damit zusammenhängen, dass hier die Strecke kurhessisches Gebiet durchquert und damals Zollabgaben entrichtet werden mussten, wenn man von Preußen, im speziellen hier Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach nach dem Kurfürstentum Hessen wollte oder umgekehrt. Also von Wartha (Preußen) nach Herleshausen und Wommen (beides Hessen) weiter nach Neustädt und Gerstungen (beides Preußen) wollte. Das war damals die Kleinstaaterei, die Deutschland den wirtschaftlichen Aufschwung verwehrte. Wahrscheinlich erst nachdem beides, das mit dem Zoll und dem Gemeinschaftsbahnhof geklärt war, konnte es mit der Bahnstrecke weiter gehen.
Amtliche Bekanntmachung in der Berliner Zeitung am 25. September 1849
Bevor die Reststrecke bis Gerstungen in Betrieb ging, wurde vorab am 19. August 1849 der Abschnitt von Eisenach bis zur Anhaltestelle Hörschel fürs Publikum eröffnet. Dann mit der Eröffnung der Strecke Eisenach bis nach Gerstungen am 25. September desselben Jahres, die nur für den Bau 290.122 Taler und 14 Silbergroschen (heute etwa 13.660.000 €, Stand 2022) verschlungen hat, ging auch der kurhessische Bahnhof Herleshausen mit in Betrieb. Hier waren von nun an Übergangsscheinkontrollen notwendig, wenn man hier aus- oder einsteigen wollte. Man betrat oder verließ durch die Fahrt mit dem Zug das Kurfürstentum Hessen. In Gerstungen gab es Anschluss an die Strecke nach Kassel, die Friedrich-Wilhelms-Nordbahn über Bebra. Der jetzt neu eröffnete Bahnhof war technisch zweigeteilt und der Westteil wurde am selben Tage in Betrieb genommen. Die zwei Bahnhofsteile waren bis auf zuerst ein Durchgangsgleis, welches erst am Eröffnungstage der thüringischen Seite den Anschluss an die hessische Seite erhielt, jeweils eigenständig.
Der hessische Bahnhof im Westen hatte genauso wie der thüringische Bahnhof jeweils ein Empfangsgebäude, einen Güterschuppen und Lokbehandlungsanlagen mit Unterstellmöglichkeit. Züge, die in Gerstungen ankamen, hatten dort Endstation. Fahrgäste, die weiter nach Eisenach oder Bebra wollten, mussten aussteigen und zum anderen Bahnhof laufen, Zollabfertigung erdulden und dort wieder in den anderen Zug einstiegen, um zu ihrem Zielbahnhof zu gelangen. Das gleiche galt für Güter und Tiere. Auch diese wurden von einem Zug auf den anderen Zug, der Richtung Zielbahnhof fuhr, umgeladen. Die Durchgangsgleise waren ausschließlich dem Militär vorbehalten, die ihre Züge »grenzübergreifend« fahren durften. Neben den Zollbestimmungen wollte man zusätzlich ein Vermischen von Betriebsmitteln vermeiden, das heißt die Personen- und Güterwagen sollten innerhalb des Staates bleiben. Laut dem Fahrplan von 1850 wurde aber ab Eisenach nur noch Herleshausen und Gerstungen in Betrieb genommen. Hörschel tauchte hier drin nicht mehr auf, was vermuten lässt, dass dort nur ein vorübergehender Halt für 37 Tage gegeben war.
Fahrplan der Strecken Eisenach über Kassel nach Frankfurt sowie umgekehrt für das Jahr 1850
Eine sichere Betriebsabwicklung auf der Eisenbahnstrecke wurde durch die Einführung der elektromagnetischen Telegrafen erreicht. Hierbei wurden durch die elektrisch ausgelösten Läutewerke den Schrankenposten der nächste Zug angemeldet.
Am 2. November 1858 wurde der Bahnhof Eisenach vom bisherigen Durchgangsbahnhof zum Trennungsbahnhof. Jetzt zweigte hier die Strecke nach Eisfeld ab, die später dann bis nach Lichtenfels in Oberfranken verlängert wurde und noch heute als Werrabahn bekannt ist. Die Bahnhofsanlagen wurden nicht nur in Eisenach, sondern auch Gerstungen erheblich vergrößert. Es wurden Betriebsanlagen zur Lokomotivwartung, sowie auch für den Güterumschlag gebaut. Dabei wurden auch die Empfangsgebäude erweitert. Der bereits seit 1861 geplante zweigleisige Ausbau unserer Strecke, war im Bereich zwischen Gerstungen und Herleshausen bereits 1863 abgeschlossen, der Rest bis Ende des Jahres 1865, dann war die komplette Strecke der Thüringer Stammbahn zweigleisig ausgebaut, somit mussten Züge nicht mehr den Gegenzug im Bahnhof abwarten, sondern konnten diesen jetzt auf freier Strecke begegnen, wodurch die Zugfolge jetzt dichter werden konnte.
Eine der ersten Lokomotiven, die auf der Strecke fuhren. Eine 2A -Schlepptender-Lokomotive von Stephenson / England. Zeichnung: Peter König, Aue
Wegen der großen Bedeutung, welche die Bahnstrecken der Thüringischen Eisenbahn-Gesellschaft für Preußen hatten, bemühte sich der Staat um den vollständigen Erwerb, übernahm die Betriebsführung und -verwaltung Anfang 1882 und wurde am 1. Juli 1886 Eigentümer. Hier musste neben den Verhandlungen mit der Eisenbahn-Gesellschaft auch welche mit den sieben Herzog- und Fürstentümern in Thüringen geführt werden, die ebenso mit Bahn in Verbindung standen. Denn neben den Hauptstrecken wurden auch noch einige Nebenstrecken mit erworben, wobei es insgesamt hier um etwa 500 km Bahnstrecke ging. Die bisher eigenen preußischen Strecken und die nun neu erworbenen Strecken der Thüringischen Eisenbahn-Gesellschaft wurden unter der zum 1. Mai 1882 neu gegründeten »Königlichen Eisenbahn-Direktion Erfurt« (KED) zusammengefasst, die am Abschluss der Verstaatlichung insgesamt 1.470 km umfasste.
Zum 1. August 1882 wurde der Zwei-Bahnhöfe-Status in Gerstungen aufgelöst. Der hessische Bahnhof wurde geschlossen und dessen noch verbliebenen Aufgaben auf den thüringischen übertragen. Dass der hessische Bahnhof noch solange in Betrieb war, ist eigentlich unverständlich, da seit der Annektierung Hessens 1866, das nun an zu Preußen gehörte, ja keine Grenzkontrollen mehr vonnöten waren. Doch hatte es den Hintergrund, dass beide, die Thüringische Stammbahn wie auch die Friedrich-Wilhelms-Nordbahn Privatbahn-Gesellschaften waren und jeder seinen eigenen Bahnhof unterhielt.
Durch die Auflösung des hessischen Bahnhofs in Gerstungen, wurden nicht nur die Personale in demjenigen Empfangsgebäude abgezogen, es wurden auch sämtliche anderen Bahnmitarbeiter der ehemaligen Friedrich-Wilhelms-Nordbahn wegversetzt. Das heißt, es gab jetzt weder Güterarbeiter noch Personal zur Unterhaltung und Reparatur von Lokomotiven. Die beiden Lokstationen der thüringischen und hessischen Bahnen mit jeweils einem 5-ständigen Lokschuppen, wurden zur Betriebswerkstätte Gerstungen zusammengelegt. 1895 wurde diese sogar noch zur Stationsschlosserei herabgestuft und der Betriebswerkstätte Eisenach unterstellt. In Gerstungen stieg jetzt wieder die Arbeitslosigkeit und damit die Armut. Seitens des Abgeordneten Koch im Landtag des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach wurde für den Standort Gerstungen ein Rangierbahnhof empfohlen, der hier wieder Arbeitsplätze und Zufriedenheit in dem Ort schaffen sollte. Und sollte es dann auch kommen, neben dem Rangierbahnhof bekam Gerstungen auch wieder eine Werkmeisterei und eine Bahnmeisterei. Dieses schaffte wieder Arbeitsplätze im Ort. Gerstungen hatte dann den größten Rangierbahnhof zwischen Weißenfels (südlich von Halle/südwestlich von Leipzig) und Kassel.
Neue Haltestellen und Betrieb bis Ende des 2. Weltkrieges
Noch vor der Jahrhundertwende wurden neue Haltepunkte zwischen Eisenach und Gerstungen eingerichtet, so bekam Wommen einen Halt für den Personenverkehr zum 1. Juni 1891, nur 5 Monate später hatte Hörschel seinen Zustieg auch für den Personenverkehr am 1. November. Einen weiteren Haltepunkt »West« erhielt die Stadt Eisenach am 1. August 1893 gut zwei Kilometer westlich des bestehenden Bahnhofs. Der Haltepunkt Hörschel bekam noch eine Erweiterung der Befugnisse, in dem man nun auch zum 1. Oktober 1896 den Gepäckverkehr zuließ, jedoch keine Güter verladen durfte, ohne einen Fahrschein gelöst zu haben.
Haltepunkte Wommen - Hörschel - Eisenach West. Alle Bilder sind um 1910 aufgenommen
Um die wahrscheinlich unhaltbare Situation in Eisenach zwischen Schiene und Straße zu ändern, forderte der damalige Bürgermeister einen Umbau des Bahnhofs. In 1900 ist es soweit und der gesamte Schienenverkehr wird auf einen extra angelegten Damm gelegt. Hier wird jetzt auch ein neues Bahnhofsgebäude gebaut, sowie auch die restlichen Gleisanlagen umgebaut werden, wobei neben der Güterabfertigung auch ein neuer Ablaufberg gebaut wird. Die alten ebenerdigen Anlagen und Gebäude werden abgerissen, wobei heute noch teilweise die alten Gleisanlagen im Damm vorhanden sind.
Nach dem Jahre 1900, die Planung und der Bau der Strecke nach Heringen und Vacha war im Gange, bekam Gerstungen seine Betriebswerkstätte wieder. Nachdem Gerstungen durch die Verstaatlichung in 1882 vom Umsteigebahnhof zum Durchgangsbahnhof geworden war, wurde dieser durch die Eröffnung der Strecke nach Berka an der Werra am 1. Oktober 1903 und die zwei Jahre später weiter über Heringen nach Vacha ging zum Trennungsbahnhof. Die neue Strecke war damals schon wichtig für den bestehenden Kaliabbau und dessen Abtransport seitdem über den Bahnhof Gerstungen. Die Betriebswerkstätte des Bahnhofs wurde bis zum Jahre 1910 nochmals erweitert und erhielt noch einen Wagenreparaturschuppen und den Wasserturm. Gut vier Jahre später bekam auch Wartha seinen Bahnhof mit der Eröffnung am 13. Oktober 1907 der Werratalbahn von (Eschwege -) Schwebda über Treffurt nach Wartha. Doch mussten die Züge die von Treffurt kamen, hier Kopf machen, um nach Eisenach zu fahren, das heißt, dass die Züge nicht direkt dorthin fahren konnten, sondern so musste im Trennungsbahnhof Wartha die Lokomotive ans andere Ende des Zuges umgehangen werden, um in Richtung Eisenach weiter zu fahren. Selbst der kleine Ort Neustädt erhielt zum 11. August 1909 eine eigene Haltestelle, die aber wahrscheinlich mit der Erweiterung mit Überholgleisen der Haltestelle Wommen etwa 1917 wieder aufgelöst wurde.
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges gab es in Gerstungen eine Kriegsverpflegungsstation für die Soldaten, die in den Krieg zogen. So etwas gab es auch noch in weiteren größeren Bahnhöfen. Im Ersten, wie auch im Zweiten Weltkrieg gab es auf der Bahn, wie auch bei allen anderen Eisenbahnstrecken jede Menge Einschränkungen. So fuhren nur noch bedingt der Personenverkehr, Urlaubsreisen wurden so gut wie untersagt, denn die Kriegsmaschinerie hatte Vorrang vor privaten Interessen. Auch wurde auf Verschleiß gefahren, egal ob Rollmaterial oder Bahnanlage. In der Zwischenkriegszeit ab 1920 übernahm die neu gegründete Deutsche Reichsbahn das gesamte Eisenbahnnetz der preußischen Staatsbahn, wie auch andere Länderbahnen im Deutschen Reich. Hier wurde eine Vereinheitlichung in Betrieb, Bau und Rollmaterial vorgenommen, was den Gesamtverkehr vereinfachte und verbesserte. Eisenach erhielt nun auch ein modernes Bahnbetriebswerk (Bw), was den damaligen Ansprüchen entsprach. Das Gerstunger Bw wurde erweitert und erhielt größere Drehscheiben. Der beheimatete Fahrzeugbestand Anfang 1920 in Gerstungen betrug 53 Dampflokomotiven. Dieser pendelte sich dann aber bis Ende des zweiten Weltkrieges zwischen 30 und 40 ein. Der Lokomotivbestand wurde während des Krieges für Loks, die zum Kriegseinsatz nach Osten Richtung Russland oder Südost nach Bulgarien und Balkan abgezogen wurden, ersetzt durch französische Loks, bzw. welche aus Elsaß-Lothringen. Als eine der ersten Stationen der KED Erfurt erhielt Gerstungen 1908 zwei Doppelpärchen Akkumulator-Triebwagen der Bauart »Wittfeld« mit einer Ladestation. Diese fuhren im Nahverkehr zwischen Bebra, Eisenach und Wutha.
Akkumulator-Triebwagen der Bauart Wittfeld der Preußischen Staatsbahn vor 1909 (Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)
In den 1930er Jahren war die Strecke einer der Wichtigen im Ost-West-Verkehr und wurde stets auf den neuesten Stand gebracht. Es war die erste, die ein 108-adriges Fernmeldekabel erhielt für die zu der Zeit modernste Nachrichtentechnik. Wobei auch noch eine Modernisierung der Strecke ab 1934 erfolgte um die Zugfolge nochmals zu verdichten. Die Wichtigkeit erkannte man auch vom Streckenrand, verkehrten hier doch die modernsten Schnelltriebwagen der Deutschen Reichsbahn. Wobei es auch noch Züge mit langen Laufstrecken gab, wie D42/43 Saarbrücken - Breslau (954 km), vielleicht sogar bis Beuthen in Oberschlesien, das wären dann nochmal 180 km mehr und D1/2 Basel - Königsberg und einige Kurswagen bis Riga (2.015 km).
Schnelltriebwagen der Bauart »Köln« SVT 137 278 a/b/c bei Wommen als FDt 571 (Karlsruhe - Mannheim - Frankfurt/M - Erfurt - Leipzig - Berlin Ahb um 1938) Foto: Sammlung Eisenbahnstiftung - DLA Darmstadt (Bellingrodt))
Obwohl es Pläne gab, Gerstungen zum zweitgrößten Rangierbahnhof Thüringens auszubauen, sind diese nicht mehr verwirklicht worden. Die kriegswichtigen Vorhaben wurden vorgezogen und somit die Pläne zum Ausbau wahrscheinlich 1941 zu den Akten gelegt. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges lag das gesamte Eisenbahnnetz deutschlandweit in Trümmern. Durchgehende Züge konnten nicht mehr fahren, da viele Streckenteile zerstört waren, entweder durch Luftangriffe der Alliierten, aber auch durch Sprengung durch die eigenen Soldaten, um die vorrückenden feindlichen Armeen aufzuhalten, was jedoch kaum etwas brachte. An unserer Strecke wurde der Bahnhof Gerstungen von Bombenangriffen schwer getroffen am Empfangsgebäude, Lokschuppen und den Gleisanlagen, auch war die Brücke über die Werra bei Hörschel von der deutschen Waffen-SS gesprengt worden. Bei den schweren Kampfhandlungen wurden nicht nur die Orte beschossen, sondern auch Züge und Gleisanlagen. Zwischen dem 1. und 6. April 1945 war dann das Gebiet unter amerikanischer Kontrolle. Der Zugverkehr kam auf Anordnung der Besatzungsmacht zum Stillstand. Vorrangig wurden jetzt die Bahnanlagen, wozu auch die Brücken gehörten instandgesetzt. Am 29. April fuhren bereits die ersten Züge wieder im Inselbetrieb zwischen den noch zerstörten Anlagen, aber nur auf Anordnung der Alliierten und für deren Zwecke. Die schnelle Instandsetzung und der Bau von Behelfsbrücken, auch über die Werra bei Hörschel, diente dem Vormarsch oder dem Nachschub der Alliierten. Auch möglich wäre, die Schätze, die im Bergwerk Merkers von den Deutschen eingelagert wurden, möglichst schnell ins gesicherte Westdeutschland in die amerikanische Besatzungszone abzufahren, denn das Deutsche Reich war schon von den Besatzern in Zonen aufgeteilt worden.
Empfangsgebäude von Gerstungen, zerstört durch einen Bombenangriff am 20. Juli 1944 (Foto: Meerbach-Chronik, mit freundlicher Genehmigung des Werratalmuseums Gerstungen)
Sowjetische Besatzungszeit und frühe DDR
Ab 1. Juli 1945 rückten die Amerikaner ab und die vertragsmäßige Abtretung an die Sowjetrussen erfolgte, die jetzt zum 3. Juli Thüringen übernahmen, sehr zur Enttäuschung der Bevölkerung. Die Eisenbahn ging dann zwar ins »Volkseigentum« über, das hieß aber, dass Deutsche ab jetzt wieder zuständig waren, aber unter Aufsicht der Sowjets. Ab jetzt begann die Demontage von Gleis- und Fabrikanlagen. Auf der Thüringer Stammbahn wurde das zweite Gleis, sowie auch weitere Gleise im Bahnhofsbereichen abgebaut und nach der Sowjetunion als Reparationsleistung verbracht. Weitere Leistungen, die erbracht werden mussten, waren neben 11.800 km Eisenbahnschienen auch noch Lokomotiven und Eisenbahnwaggons, sowie auch ganze Industrieanlagen. Diese musste Deutsche auf die Waggons verladen und Richtung Sowjetunion verbringen. Allein die Reparation von etwa 800 fahrbereiten Lokomotiven an die Sowjetunion, entspricht einer Gesamtlänge von etwa 18 km nur an Lokomotiven. Alles beschlagnahmt nur auf dem Gebiet der ehemaligen DDR! Damit war die Reichsbahn jetzt nicht mehr leistungsfähig. Jedes BW musste Lokomotiven abgeben, so natürlich auch Gerstungen und Eisenach. Als Beispiel soll hier Gerstungen genannt werden, die zwei Loks abgeben mussten, übrig blieben dann noch zwanzig Loks, von denen 18 nicht mehr fahrbereit waren. Diese 18 mussten erstmal wiederhergestellt werden, was unter anderem auch in Gerstungen geschah, aber mehr als schwierig war, denn Ersatzteile gab es bestimmt auch nur unter großen Mühen. Das meiste musste selbst hergestellt oder irgendwie instandgesetzt werden. Ende 1946, also ein Jahr später, hatte Gerstungen noch 17 Loks, drei wurden abgegeben oder waren nicht mehr reparaturfähig, von diesen 17 waren immer noch acht Loks nicht fahrbereit. Und das bei einem Personalbestand von 229 Eisenbahnern, wovon 109 nur in den Werkstätten arbeiteten. Neben den zu den erbringenden Leistungen, die nun auch noch den Bahnverkehr beanspruchte, mussten natürlich auch lebenswichtige Waren und Brennstoffe, wie Kohlen gefahren werden. Somit blieb der Individualverkehr natürlich wörtlich auf der Strecke. Trotzdem gab es bereits im Mai 1946 eine durchgehende Schnellzug-Verbindung von Berlin nach Osnabrück und von dort weiter nach Amsterdam oder Paris. Doch diese war ausschließlich ausländischen Reisenden vorbehalten und führte nicht über Bebra und Gerstungen. Die Züge, die von Berlin durch die Sowjetzone, bzw. DDR nach Westen fuhren, wurden von der Deutschen Reichsbahn (DR), so hieß die Eisenbahn auch in der DDR weiterhin, als Interzonenzüge bezeichnet. Auch Güterzüge von und nach Berlin zur Versorgung der ehemaligen Hauptstadt fuhren bereits. Doch am 24. Juni 1948 war damit Schluss, die Sowjetunion blockierte die Stadt Berlin und deren Versorgung durch fadenscheinige Gründe technischer Schwierigkeiten für über ein Jahr. Die Versorgung wurde dann über die sogenannte Luftbrücke erhalten, die bis heute bekannt ist durch die Rosinenbomber. Im Mai 1949 wurde dann der Eisenbahnverkehr zur Versorgung Berlins, sowie auch der Reisezugdienst wieder aufgenommen. Jetzt wurde auch die Anzahl der Reisezüge auf sechs je Richtung erhöht. Nun fuhr auch einer über Bebra - Wartha, nämlich der FD 1/2 Frankfurt/Main - Berlin und umgekehrt.
Auszug aus Buchfahrplan 3a vom Oktober 1952, woraus die Fahrstrecke des Fern-D-Zuges D1 Frankfurt/M - Berlin über Gerstungen ersichtlich ist
Mit der Aufteilung Deutschlands nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg in Besatzungszonen gab es in Wartha nun eine Grenzkontrollstelle der sowjetischen Besatzungsmacht. Mit der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik war nun zwischen Wartha und Herleshausen Staatsgrenze sowie auch zwischen Wommen und Neustädt und wieder zwischen Untersuhl bei Gerstungen und Obersuhl. Hier erkennt man nun das Dilemma, das die Strecke öfters die Staatsgrenze wechselte. Es wurde entschieden, dass der Verwaltungsbezirk der Deutschen Reichsbahn der DDR bei km 191,340 endet. Das war zwischen Unter- und Obersuhl. Alles östlich davon, wie Gerstungen, Wommen und Herleshausen war nun der Reichsbahndirektion Erfurt unterstellt, obwohl Herleshausen und Wommen in der Bundesrepublik lagen. Zu Preußens Zeiten war das zwar auch schon so mit der Grenze, aber man fand eine einigermaßen annehmbare Vereinbarung von der Eröffnung der Strecke bis zur Annektierung Kurhessens 1866. Jetzt aber war dieses ein unhaltbarer Zustand für die Regierung der DDR. So musste eine Lösung her!
Trotz all dieser Widrigkeiten, die für die DDR eigentlich nicht hinnehmbar waren, wurde an der Strecke zum 2. Oktober 1949 in Neustädt ein Haltepunkt für Reisende geschaffen. Zum zweiten Mal in der Geschichte Neustädts bekam dieser einen Zustieg an der Bahnstrecke. Und auch musste das teilweise zerstörte Bahnhofsgebäude in Gerstungen wiederaufgebaut werden, was dann in 1951 geschah. Mit der Einrichtung des 5 km-Sperrgebietes und 500 m-Schutzstreifen im Mai 1952 zur Grenze hin auf DDR-Gebiet verschärfte die Situation nochmals. Der Zughalt im amerikanischen Sektor (Herleshausen und Wommen) wurde komplett im Personenverkehr eingestellt, bis dato wurden aber noch Güter dorthin geliefert, das heißt, dass die Züge, die aus Wartha kamen, nun bis in die sowjetische Zone durchfuhren. Die Personenzüge wurden im Bahnhof Wartha verschlossen, um ein Abspringen im westlichen Sektor zu verhindern und erst in Gerstungen wieder geöffnet. Der Personennahverkehr wurde dann zum 23. Mai 1952 auch für Neustädt und Gerstungen eingestellt und nun nur noch mit dem Bus bedient. Es gab jetzt extra für die Arbeiter aus dem Westen spezielle Züge, die nur noch mit Sondergenehmigung genutzt werden durften, für Menschen, die in der DDR arbeiteten und in Hessen wohnten. Die Güter wurden aber weiter in den Bahnhöfen verladen, bis am 4. Juli 1952 zur Abholung der Güterwagen die Zuglokomotive für den Übergabezug aus Gerstungen nicht mehr bereitgestellt wurde. Die »Eisenbahn-Enklave« Hessen inmitten des Streckenabschnitts musste von nun ab im Personen- und Güterverkehr mittels Busses und Lkw über die Bundesrepublik bedient werden. Die Grenzkontrolle blieb aber vorerst in Wartha. Auch die Bahnbediensteten auf den Stationen Herleshausen und Wommen wurden weiterhin beschäftigt. Es gab ja noch Arbeit bei der Streckenerhaltung (Rotte) und im Stellwerk. Zwischenzeitlich gab es das Kuriosum, dass wegen der Reparationsleistungen an die Sowjetunion durch den Rückbau der zweigleisigen Strecke nur noch ein Streckengleis vorhanden war. Da in der westlichen »Enklave« die Strecke noch zweigleisig war, wurde jetzt für jeden Zug die Weichen gestellt, damit dieser auf das jeweilige Richtungsgleis fuhr. Das wurde in Wommen für Züge aus Gerstungen so gemacht, zwischen Herleshausen und Wartha war die Strecke noch zweigleisig, so dass die Züge hier auf dem Richtungsgleis ankamen. Umgekehrt wurden die Züge aus dem jeweiligen Richtungsgleis durch die zu stellende Weiche auf das eine Streckengleis geleitet. Auch wurden noch weiterhin Kontrollbesuche gemacht und auch eisenbahntechnisch notwendige Materialien dorthin geliefert. Dagegen wurde in Gerstungen im selben Jahr noch das BW zum Lokbahnhof herabgestuft, somit konnte die Lokmannschaft, die von »Osten« kam und in Gerstungen Endstation hatte, hier nicht mehr übernachten, wie es sonst üblich gewesen wäre, sondern musste wieder zurück ins Landesinnere, also zur Übernachtung wahrscheinlich nach Eisenach. Zum 30. November 1954 wurde dann der Lokbahnhof Gerstungen komplett geschlossen.
Hin und Her - Ost gegen West
Die RBD Erfurt war nicht nur zuständig für die Bahnhöfe Herleshausen und Wommen war, sondern auch für dessen Personal. Da ging es neben der Beschäftigung natürlich auch um die Bezahlung, was ja bis zur Währungsreform in der Bundesrepublik zwar keine Probleme darstellen sollte, aber die Zahlungsmoral der Sowjetzone war nicht besonders hoch. Es gab immer wieder keinen Lohn, somit mussten die Bediensteten, die auch zwischenzeitlich keine Beamten mehr waren wie vorher, da dieses von der Sowjetzone abgeschafft worden war, zusehen woher sie ihr Geld zur Bestreitung des Lebensunterhaltes bekommen. Diesen konnten sie nur den geringen Kasseneinnahmen, die durch die Güterabfertigung einkamen, entnehmen. Doch für alle 33 Reichseisenbahner reichte es bei weitem nicht, einen Zuschuss von der bundesdeutschen Seite gab es außer ein paar Almosen auch nicht, da sie in Arbeit standen und Kranken- und Rentenversicherung waren auch nicht gesichert. Kündigen war zu der Zeit auch keine Alternative, Arbeit war durch die desolate Wirtschaft rar. Und wenn es dann mal Geld gab, war es nach 1948 dann in Ostmark, die im Westen kaum Wert hatte. Auch hier gab es erst nach immer wiederkehrendem Unmut endlich einen Hoffnungsschimmer. Ein Teil der Ostmark sollte 1:1 in D-Mark umgetauscht werden, der Rest in einem geringeren Umtauschsatz. Ob dieses so gekommen ist, ist nicht ganz schlüssig. Man konnte zwar mit der Ostmark in Eisenach einkaufen, durfte aber eigentlich nichts ausführen. Jeder Grenzübertritt war daher eine Gratwanderung der Illegalität. Einen Ausgleich von bundesdeutscher Seite aus dem Kriegsfolge-Fond wurde aufgrund der Arbeitsverhältnisse nicht zugesagt. Erst nach mehrmaligen Schreiben an die Bundesbehörden und die Bahn brachte 1953 endlich Abhilfe.
Bei Verhandlungen zwischen der BD Kassel und der RBD Erfurt konnte eine zufriedenstellende Vereinbarung für die Bahnbediensteten gefunden werden. Entlohnung in D-Mark, Renten- und Krankenversicherung übernahm die DB in Vorkasse und Tariflohn nach Weststandard und an die Tarifabschlüsse gekoppelt.
Bahnhof Wommen in der Zeit des »kalten Krieges« ohne Personenzughalt. Foto: Gerhard Schleicher/ Slg. H. J. Friske
Gerstungen war aber nicht nur Durchgangsbahnhof für die Thüringer Stammbahn, sondern auch Endstation bzw. Umsteigebahnhof für Fahrgäste der Züge aus Vacha und Bad Salzungen. Neben den Personenverkehr fuhren auf der Strecke auch Kalizüge. Doch mit Ende des Zweiten Weltkrieges und der Aufteilung in Besatzungszonen ändert sich einiges. Da auf dieser Bahn auch die Grenze zwischen der amerikanischen und sowjetischen Zone überschritten wurde, kam der Verkehr auch hier zum Stillstand, nur auf den ersten 7 km zwischen Gerstungen und Dankmarshausen, da dieser Abschnitt komplett in der späteren DDR lag, fand noch Personenzugverkehr statt, aber auch nur bis 5. Oktober 1952, dann wurde dieser auch eingestellt. Doch bereits im Februar 1946 gab es nach einer Vereinbarung zwischen Ost und West wieder Güterverkehr (hauptsächlich Kalizüge), der kurz darauf ab dem 22. uneingeschränkt über Gerstungen gefahren werden konnte. Auch der Personenverkehr für die Arbeiter der Kaligruben wurde mit verhandelt, die dann ab dem 18. März 1946 wieder per Zug ihren Arbeitsplatz erreichen konnten. Sie beförderten neben den Menschen aus der Westzone auch Arbeiter aus der Sowjetzone bzw. der späteren DDR, diese aber nur bis zum 29.Mai 1952. Ab diesen Tag durfte nicht mehr an Bahnhöfen in der DDR auf Anweisung dieser gehalten werden. Am nächsten Tag erfolgte die Sperrung des Gleises seitens der DDR, jedoch kurze Zeit später am 3. Juni wieder die Freigabe, doch zum 1. Juli desselben Jahres dann eine längerfristige Sperrung. Nach erneuten Verhandlungen kam es dann wieder zur Aufnahme des Güterverkehrs am 29. November 1954, jetzt aber ohne Pendlerverkehr. Laut DB waren hier jetzt Busse besser, wahrscheinlich weil sie auch nicht mehr über das Gebiet der DDR fahren mussten. Nachdem die DR die westlichen Strecken durch Änderung ihrer Betriebssführung ab Oktober 1962 nicht mehr benutzte, verlangte sie 1966 rückwirkend Trassenbenutzungsgebühren in Höhe von 5,4 Millionen Mark, die der DB weit überzogen vorkamen. Somit endete wieder einmal der Verkehr über Gerstungen am 1. Dezember 1967. Im 1969 wurde sich auf einen Pauschalbetrag von 2,3 Millionen Mark geeinigt. Am 28. September 1969 war die Wiederaufnahme des Güterverkehrs. Zukünftig sollten pro Achskilometer auf Gleisen der DDR 25 Pfennige bezahlt werden. Dieses alles betraf die Kaliwerke und Gruben der Werke Wintershall, Heimboldshausen und Hattorf in der Bundesrepublik Deutschland, die über Gerstungen abgefahren wurden. Bei Sperrung durch die DDR wurde über die private Hersfelder Kreisbahn, die aber geografisch anspruchsvoller war und somit höhere Transportkosten bedeutete, abgefahren. Das diese Strecke wichtig war und es heute noch ist, war schon in den 1930 - 1940er Jahren bekannt, da zu diesen Zeiten ein zweigleisiger Ausbau geplant war.
Bahnhof Gerstungen um 1920, Postkarte
Spätheimkehrer
Das Schicksal der Kriegsgefangenen in der Sowjetunion war in den Nachkriegsjahren in der Bundesrepublik täglich präsent. Für deren Freilassung wurde auch demonstriert. Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer flog zu einem Staatsbesuch mit einer Delegation nach Moskau, um Verhandlungen über die Freilassung der restlichen Kriegsgefangenen zu führen. Am 7. Oktober 1955 kamen die ersten von ihnen in Herleshausen an. Bei der Fahrt durch die DDR durften sie den Zug nicht verlassen. Auf dem ersten Bahnhof in der Bundesrepublik endete ihre lange Heimfahrt und das war Herleshausen. Hier wurden sie unter großer Teilnahme empfangen, nicht nur von ihren Angehörigen, auch von anderen, sowie von Funk, Fernsehen und Wochenschau sowie der Presse. Weitere Ankünfte folgten, auch alle in Herleshausen. Der letzte Zug für die ehemaligen Soldaten aus der Gefangenschaft kam am 16. Januar 1956 an. Die Spätheimkehrer, wie sie zwischenzeitlich genannt wurden, fuhren von Herleshausen über Eschwege nach Friedland, um von dort in ihre neue Heimat und wiedergewonnene Freiheit entlassen zu werden. Die Sowjetunion hatte mit den letzten deutschen Gefangenen in den gut drei Monaten knapp 10.000 Menschen ihren Familien wiedergegeben.
Spätheimkehrer - Ankunft in Herleshausen Foto: Ludwig Fehr sen.
»Aufschwung Ost«
Ebenfalls am Bahnhof Eisenach änderte sich zu DDR-Zeiten einiges. Mit der Umwandlung des Bw Gerstungen in einen Lokbahnhof und dessen spätere Schließung musste das Bw Eisenach natürlich die zusätzliche Arbeit übernehmen. Auch wenn das Reichsbahnamt von Eisenach nach Meiningen verlegt wurde, so wurde die Stadt eisenbahntechnisch nicht vergessen. So wurde zum 1. Juni 1955 ein Betriebswagenwerk (Bww) zur Unterhaltung von Eisenbahnwaggons eingerichtet, das sogar noch Außenstellen in Vacha und Mühlhausen hatte und zum Ende der 1980er Jahre ein Fahrzeug zur verbesserten Innen- und Außenreinigung von Reisezugwagen erhielt. Außerdem hatte Eisenach noch eine Bahnmeisterei zur Unterhaltung der Strecken. Zu den bis jetzt genannten Einrichtungen gab es am Bahnhof neben der Fahrkartenausgabe noch die Güterabfertigung, Gepäck- und Expressgutabfertigung, die zum 1. November 1959 zur Komplexdienststelle Eisenach zusammengefasst wurden. Mit der Umwandlung des Bw Gotha zum 1. April 1974 in einen Lokbahnhof, die inzwischen als Einsatzstellen bezeichnet wurden, kamen dieses und dessen Lokbahnhöfe zum Bw Eisenach, dessen Lokschuppen durch einen Neubau ersetzt wurde, sowie weitere Dienstgebäude errichtet wurden. Durch immer mehr zunehmenden Güterverkehr in den 1970er und 1980er Jahren, wurde auch der Bahnhof Eisenach für die Aufgaben der Zugbildung besser ausgerüstet.
Mit freundlicher Genehmigung der Eisenbahnfreunde Kassel e. V.
Nachdem am Bahnhof Gerstungen die Kriegsschäden beseitigt waren, geht es hier auch »bergauf«. Schritt für Schritt wurde dieser zum Grenzbahnhof umgebaut, doch dieses im Einzelnen. Zum 1. Juli 1957 wird er wieder zum Rangier- und Zugbildungsbahnhof. Die Zollkontrollen im Güterverkehr, die bisher in Wartha waren, werden jetzt in Gerstungen vorgenommen. Ab 1960, wohl in Voraussicht auf die neue Strecke, wird auch wieder der Lokbahnhof Gerstungen als Außenstelle des Bw Eisenach eröffnet, so wurden zu den Zeiten als Lokbahnhof in Gerstungen dort auch Dampflokomotiven repariert. Bereits um 1958 erhielt der ehemalige und zukünftige Lokbahnhof als einer der ersten einen beleuchteten Lunin Untersuchungs- und Revisionskanal in der DDR. Doch weiterhin war der DDR-Führung die westliche »Enklave« zwischen Wartha und Neustädt ein Dorn im Auge. Hier musste Abhilfe geschaffen werden.
Das allseits bekannte Datum des Mauerbaus am 13. August 1961 in Berlin, hatte nicht nur dort Auswirkungen, sondern an der gesamten innerdeutschen Grenze kam es zur kompletten Abschottung. Bei einer Dringlichkeitssitzung am 18. September 1961 verkündete DDR-Verkehrsminister Erwin Kramer einen Maßnahmeplan mit dem Ziel, unverzüglich eine neue Eisenbahnstrecke zwischen Gerstungen und Förtha zu bauen. Grund für diesen Plan war, dass die Thüringer Stammbahn zwischen Eisenach und Gerstungen zweimal die Grenze zwischen West und Ost querte. Um die massiven Grenzsicherungen und eventuell doppelten Grenzkontrollen, die ja bei jedem Grenzwechsel nötig wären zu vermeiden, war laut DDR-Führung diese Maßnahme die einzig Richtige. Auf Befehl des DDR-Verkehrsministers wurde ab Oktober 1961 bis April 1962 eine 13,3 km lange eingleisige Neubaustrecke und parallel dazu eine 9,8 km lange Straße, sowie eine Eisenbahnverbindungskurve von 0,9 km bei Förtha gebaut. Die Verbindungskurve vermied das Umspannen der Loks im Bahnhof Förtha. Die hierfür erforderlichen Grundstücke wurden einfach beschlagnahmt. Unter massivem Einsatz von Arbeitskräften, Technik und Material wurde dieses Projekt ausgeführt, so wurden, um mal nur ein paar Zahlen zu nennen, 6.000 Bauarbeiter aus der gesamten DDR hierher zusammengezogen. Unter anderem waren 110 Bagger und 600 Kipplaster im Einsatz, sowie 86 Raupenfahrzeuge. Auch war schweres Bergegerät der NVA zeitweilig vor Ort, die die Maschinen und Lkw's immer mal wieder aus dem Schlamm ziehen mussten. Dabei wurden fast 7 Millionen Kubikmeter Erde und Fels bewegt. Bereits bei den Vorarbeiten ab 20. September wurden innerhalb eines Monats 20 ha Wald (200.000 m²) gerodet und 7.000 Festmeter Holz geschlagen. Der geplante Inbetriebnahme-Termin zum Ende des Jahres 1961 konnte durch die Witterungsbedingungen, wie andauernder Regenfall sowie Wintereinbruch bis -17 Grad nicht gehalten werden. Am 13. April 1962 wurde der erste Zug nach nur 6 ½ Monaten Bauzeit im Auftrag des Ministeriums für Verkehrswesen durch Dipl. Ing. Leiser im Beisein von Präsident Buhlke und Vizepräsident Geldner der Reichsbahndirektion Erfurt in Eisenach empfangen und damit die Strecke eröffnet. Der Eröffnungszug bestand aus Doppelstockwagen, der mit den besten Arbeitern der Strecke besetzt war und von der Güterzugdampflok 44 408 gezogen wurde, an dessen Rauchkammer das Bild des Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht und dem Tender die Aufschrift: »Ruhm und Ehre den Erbauern der Trasse« prangte. Obwohl die »Trasse«, so die Bezeichnung der DDR sogar minimal kürzer war, so war die Fahrzeit wesentlich länger, waren doch hier erhebliche Steigungen zu bewältigen mit bis zu 22,5 ‰. Es mussten auf noch nicht mal 8 km eine Höhe von 80 Metern überwunden werden, was an die Leistungsfähigkeit von Mensch und Maschine kam. Es kamen die stärksten und neuesten Lokomotiven zum Einsatz, aber selbst diese brauchten Vorspann und Nachschub. Das heißt, dass zwei Loks vorne am Zug dran waren und eine hinten nachschob. Teilweise waren da sogar drei Loks vorn. Streckenweise durfte nur mit 30 km/h gefahren werden, doch auch dieses wurde nicht immer erreicht, so ging es nur im Schneckentempo voran bis zum Stillstand. Und das bei einer eingleisigen Strecke, bei der die Gegenzüge abgewartet werden mussten. Nur um nicht mehr über das Gebiet des Klassenfeindes zu fahren. Durch die hohe Belastung der Strecke kam es auch immer wieder zu Problemen auf der Strecke, welche Absenkungen des Gleises, Schienenbrüchen, Gleisverwerfungen waren und dadurch natürlich hohe Unterhaltungskosten. Doch das wurde alles in Kauf genommen und auch umgehend instandgesetzt. Diese Strecke hatte Priorität!
Grenzbahnhof Wartha nur noch für Güterverkehr 1975,
Sammlung Erich Preuß/ Sammlung Eisenbahnstiftung
Die Trasse machte jetzt auch den Grenzbahnhof Wartha überflüssig, so dass am Bahnhof Gerstungen eine neue Grenzübergangsstelle (Güst) errichtet wurde, dabei wurden auch die Gleisanlagen umgebaut, damit eine Republikflucht gleich verhindert werden konnte. Sämtliche Gleise, die Richtung Westen gingen, hatten Fluchtweichen, die immer so gestellt waren, dass der Zug entgleiste. Nur bei durch die Grenztruppen freigegebenen Zügen durfte diese auf Fahrt Richtung Westen umgestellt werden, natürlich nur unter Aufsicht. Und das waren in Gerstungen beide Richtungen, Richtung Obersuhl und Richtung Herleshausen. Am 29. September 1963 ging die neue Güst in Betrieb und der Grenzbahnhof Wartha wurde geschlossen. Seither verkehrten die Interzonenzüge und die durch die Transportpolizei überwachten Transitüge nach Westberlin vom neuen, durch das Grenzpersonal der DDR streng bewachten Grenzbahnhof Gerstungen über die Trasse nach Eisenach. Einen Tag vor der Inbetriebnahme der Güst Gerstungen kam eine rote Mütze mit der Beschriftung »Letzter Gruß - Bf. Wartha« am Zugschluss von Schnellzug D 6 nach Bebra, die es unbemerkt durch Gerstungen geschafft hatte. Einer der wichtigsten Grenzübergangsstellen der DDR war der Bahnhof Gerstungen als Grenzbahnhof während der deutschen Teilung. Hier fand DDR-seitig bei Zügen in und aus der DDR die Grenzkontrolle immer bei stehendem Zug statt. Die Anlagen zur Grenzkontrolle waren soweit perfektioniert, dass der Zug von allen Seiten, auch von oben kontrolliert werden konnte. Zusätzlich gab es noch Räume, in welche Personen zur Untersuchung oder Vernehmung gebracht wurden. Diesen hier betriebenen Aufwand gab es natürlich in ähnlicher Form an jedem Grenzübergang, ob Straße oder Schiene, für jede Person, die das Staatsgebiet der DDR betreten oder verlassen wollte.
Überblick vom Grenzturm auf den Bahnhof Gerstungen 1991. Blick aus Südwesten Rechts der Personenbahnhof, links der Grenzbahnhof.
Foto: Günter Tscharn
Wenn auch der Gerstungen Grenzbahnhof war, so kamen die Lokomotiven der Reichsbahn der DDR doch bis Bebra. So war es bei den Reisezügen und den Interzonenzügen. Diese wurden seit der Teilung fast immer mit den Paradepferden der Reichsbahn bespannt. Das waren anfangs Lokomotiven der Baureihen 01. Seit der Rekonstruktion der Baureihe 01, dessen verbesserte Bauart 01.5. Aber auch Lokomotiven der Baureihen 41 und 22 (Reko der BR 39). Bei besonders schweren Zügen sogar mit Vorspann. Güterzüge wurden bereits von Anfang an in Gerstungen auf Lokomotiven der Deutschen Bundesbahn (DB) umgespannt. Nach einem 1972 neu abgeschlossenen Eisenbahngrenzübereinkommen wurden ab dem 3. Juni 1973 alle Züge bereits in Gerstungen auf Lokomotiven der DB umgespannt. Auf der Strecke von Eisenach nach Gerstungen fuhren immer die stärksten und neuesten Lokomotiven der Reichsbahn, nicht als Vorzeigeloks, sondern weil es die steigungsreiche Strecke über Förtha es erforderte. Neben den schon genannten Schnellzugdampfloks fuhren auch schwere Güterzugloks der Baureihen 41, 43 und 44. Teilweise mit Vorspann und Nachschub. Ab den 1960er Jahren auch vermehrt Dieselloks der Baureihen V 180 DDR-Eigenproduktion, später dann erste Loks aus Russland, die BR 200 (Ost), die in der DDR als Taigatrommel sich einen Namen machte, wegen ihrer gewaltigen Geräuschkulisse. Nach Ende der Dampflokzeit in Gerstungen fuhren dann auch weitere Dieselloks aus Sowjetproduktion dort, die Baureihen 130 und 132 mit etwa 3000 PS, die den bisherigen Vorspann oder Nachschub unnötig machten. Im Rahmen der deutsch/deutschen Annäherung von der sozialliberalen Regierung der Bundesrepublik mit dem Vorsitzenden des DDR-Ministerrates fuhr der damalige Bundeskanzler Willy Brandt am 19. März 1970 durch Gerstungen, wobei auch er und die Abgesandten der Bundesrepublik sehr wahrscheinlich während des zwanzigminütigen Aufenthaltes sich einer Grenzkontrolle unterziehen mussten. Weiter ging es über die »Trasse« durch Eisenach nach Erfurt zum Gipfeltreffen. Das Gegentreffen, welches in Kassel am 21. Mai 1970 stattfand, wurde von dem Vorsitzenden des Ministerrates der DDR Willi Stoph wahrgenommen. Auch dieser Zug fuhr über die Strecke Eisenach - Förtha - Gerstungen. Selbst hier wurde bestimmt der Zug untersucht, um eventuelle Republikflüchtlinge zu entdecken, auch wenn die gesamte Strecke ab Berlin bis Gerstungen sicherheitstechnisch bis zum Maximum untersucht und überwacht wurde. Sämtliche Weichen, die abzweigten wurden gesichert und verschlossen. Der Zugverkehr, der auf das Gleis des Sonderzuges fahren konnte, wurde komplett eingestellt. Alle Bahnhöfe, Stellwerke und sonstige Stellen, die mit dem Zugbetrieb des Sonderzuges in Berührung kamen, wurden zur Beobachtung mit Mitarbeitern der Staatssicherheit zusätzlich besetzt. Zehn Minuten vorweg fuhr ein Zug, der letztmalig die Strecke überprüfte. Im Nachherein fuhr hinter dem Sonderzug noch eine einzelne Lok, die den eventuell liegen gebliebenen Sonderzug weiterschieben oder abschleppen sollte.
Grenz-Bahnhof Gerstungen von Nordosten 1991.
Foto: Axel Johanßen Lüchow/Wendland
Des Weiteren war Gerstungen auch Wendebahnhof für den Personen-Nahverkehr der Verbindung Rotenburg an der Fulda und Bebra nach Obersuhl in Zeiten der zwei deutschen Staaten. Für die Fahrgäste war in Obersuhl Endstation. Aus eisenbahntechnischen Gründen fuhren einige der Züge weiter nach Gerstungen. Dort wurde dann »gewendet«, das heißt, die Zuglok wurde an das andere Ende des Zuges umgespannt. Bei Triebwagen ging der Lokführer auf den anderen Führerstand. Die Züge fuhren dann auf das andere Gleis, das Richtungsgleis nach Bebra. Wenn möglich wurde aber nicht über die deutsch/deutsche Grenze gefahren. Das ging aber nur, wenn es nachfolgend keinen Zug gab, denn ein Richtungsgleiswechsel war in Obersuhl nicht möglich, da es hier keine Weiche gab. Wenn die Strecke »rückwärts« frei war, gab es eine sogenannte Sperrfahrt zwischen Obersuhl und Hönebach. Der Zug fuhr dann auf dem falschen Richtungsgleis zurück bis Hönebach. Dampfloks schoben ihre Wagen vor sich her, der Triebwagenführer brauchte nur den Führerstand zu wechseln. In Hönebach wurde dann die Lok umgespannt auf die Zugvorderseite und die Dampfzüge, wie auch die Triebwagen, wechselten dann auf das richtige Gleis nach Bebra. Zugloks im Personen-Nahverkehr waren die Baureihen 38.10-40 und 50. Bei den Triebwagen handelte es sich um die Baureihen ETA 150 und 176, sowie VT 60.5 und VT 98, teilweise mit Steuerwagen. Weitere andere Dampflokbaureihen waren natürlich auch noch möglich, wenn sie in einen der umliegenden BWs, wie Bebra, Kassel, Bad Hersfeld, Treysa und Eschwege West und weiteren beheimatet waren. Das Wenden in Gerstungen endete in 1966, da es von Seiten der DDR nicht mehr erlaubt wurde. Um dann das Richtungsgleis Gerstungen nicht dauernd durch Sperrfahrten zu blockieren, wurde im Folgejahr der Haltepunkt Obersuhl mit Weichen und einem Stellwerk ausgestattet, um bereits am Endhaltepunkt des Personen-Nahverkehrs wieder auf das Richtungsgleis nach Bebra zu fahren. Damit waren auch die Sperrfahrten Geschichte und die Strecke von Bebra bis Gerstungen war wieder uneingeschränkt nutzbar.
Auszug aus dem Buchfahrplanheft 3a der BD Kassel von 1961. Hier ersichtlich die Wendefahrt nach Gerstungen, jedoch durfte die Grenze nur als Leerfahrt überquert werden. Sammlung Dr. Joachim Ludwig
Einen herben Rückschlag gab es für die Eisenbahn am 23. Juni 1976 im Bahnhof Eisenach. Durch eine defekte Weiche entgleisten Personenwagen des internationalen Schnellzuges D 354 von Berlin nach Paris. Die entgleisten Wagen stießen mit einem rangierenden Zug auf dem Nebengleis zusammen, der dabei umfiel und auf die neben dem Bahndamm führende Hauptverkehrsstraße »Rennbahn« stürzte. In beiden Zügen wurden 26 Personen verletzt, zehn davon schwer. Zum Glück wurde keine Person und auch kein Fahrzeug auf der Straße in Mitleidenschaft gezogen.
Bild des verunfallten Schnellzuges im Bahnhof Eisenach.
Bundesarchiv Bild 183-R0624-0016 / Demme, Dieter / CC_BY_SA 3.0
Für die neu zu errichtende Autobahnbrücke bei Hörschel (Werratalbrücke) wird im Zuge des Brückenbaus 1980 zur Anlieferung von Baumaterialen extra ein Bauhof mit Betonmischanlage in der Gemarkung Pferdsdorf angelegt, der für drei Jahre eine neu gebaute Gleisverbindung mit dem Bahnhof Wartha erhält. Dieses Gleis wird auf der alten Bahntrasse der ehemaligen Werratalbahn Schwebda - Treffurt - Mihla - Creuzburg - Wartha errichtet. Der zuletzt nur noch bis Mihla betriebene Abschnitt, die Reststrecke war durch die Teilung Deutschlands und die gesprengten Werrabrücken nicht mehr befahrbar, wurde 1968 stillgelegt und kurz darauf abgebaut. Das nun wieder aufgebaute Gleis, mit einer Länge von etwa 1,5 km, das bis fast zum Ort Pferdsdorf ging, hatte am Streckenende einen kleinen Güterbahnhof mit einigen Weichen, die das Umsetzen und Rangieren ermöglichten. Federführend beim Bau war die Baufirma HochTief mit Firmensitz in Essen in Zusammenarbeit mit weiteren Baufirmen aus der DDR. Die Anlieferung der Baumaterialen (u.a. Zement, Kies und Baustahl) erfolgte aus der Richtung Eisenach, kamen aber aus der Bundesrepublik über die Umleiterstrecke Förtha und musste somit in Wartha die Lok ans andere Ende des Zuges umgehangen werden. Für den Bau der Brücke mussten bestimmte Vorgaben hinsichtlich gleichbleibender Qualität eingehalten werden, die den damaligen westdeutschen Standard entsprachen, da diese Brücke von der Bundesrepublik finanziert wurde. Der einfache Schienenweg von von Bebra über Gerstungen, Herleshausen und Wartha war von der DDR-Regierung nicht gewünscht und somit mussten sich alle Züge über die Steigungen rund um Förtha »quälen«. Nach Abschluss der Bauarbeiten wurde das Gleis zur Baustelle wieder zurückgebaut.
Die alte Strecke
Mit den Verhandlungen über Wiederinbetriebnahme der Kalizüge am 3. September 1954, wurde auch über Bedienung des Bahnhofs Herleshausen gesprochen. Gemeint war hier das Be- und Entladen im Güterverkehr, was jetzt sogar von der Eisenbahndirektion Kassel übernommen werden sollte. Und somit nicht mehr zu Kosten der Reichsbahn gegangen wäre. Die Güterwagen sollten dem Kalizug angehangen werden von Bebra kommend bis Gerstungen fahren und dort sollte der Kalizug stehen bleiben, die Güterwagen für Herleshausen abgehangen, täglich war von zwei bis drei Wagen die Rede, und von der DB-Lok zum Bahnhof Herleshausen gebracht und dort gegen die abzuholenden getauscht werden. Die abgeholten Güterwagen aus Herleshausen sollten dem Kalizug wieder angehangen werden und mit dem Ganzen dann erst mal ins Kalirevier fahren. Bei der Rückfahrt des Kalizuges wurden die Güterwagen »Herleshausen« wieder mitgebracht und nun endlich nach Bebra gefahren, wo sie auch von Anfang an hinsollten. Doch wurde dieses vonseiten der DDR abgelehnt, aber immer wieder wurde es von der DB angesprochen, wobei es sogar bei einer Ansiedlung eines Industriebetriebes mit Gleisanschluss hätte kommen können. Da die DDR jedoch bei der Ablehnung blieb, legte die DB dieses nach 1960 zu den Akten.
Bf. Herleshausen um 1915. Ausschnitt aus einer Postkarte
Der Personenzugverkehr, der schon seit 1952 von Wartha nach Gerstungen eingestellt war, endete von Hörschel her zum 26. Mai 1963 und zwischen Eisenach nach Hörschel zum Ende des Sommerfahrplans am 25.September 1976. Somit war der Personenzugverkehr auf der alten Strecke eigentlich Geschichte. Doch mit dem Bau des neuen Automobilwerkes Eisenach (AWE) westlich der Stadt gab es auf einem Teilstück der alten Strecke wieder Personenzugverkehr. Hier waren es jetzt die Arbeiterzüge, die hier fuhren.
Bis zum Bau der Umleiterstrecke von Gerstungen über Förtha nach Eisenach ging der komplette Zugverkehr weiter über die Thüringer Stammbahn durch die hessische »Enklave«. Nach dem Bau der »Trasse«, die nur noch über DDR-Staatsgebiet ging, wurde die ehemalige Strecke über Herleshausen nur noch von einem regelmäßig verkehrenden Güterzugpaar befahren, sowie durch wenige Bau-, sowie Versorgungszüge im Jahr. Das war so bis ins Jahr 1978. Dieses letzte verkehrende Güterzugpaar nutzte ein 22-jähriger in 1970, der Fahrdienstleiter in Wartha war. Er hat sich aus seinem Stellwerk geschlichen und ist unbemerkt auf diesen langsam fahrenden Zug geklettert, wo einer der Güterwagen unverschlossen war. Nach der Grenzüberquerung sprang er auf der bundesdeutschen Seite aus dem Zug und wurde vom bundesdeutschen Zoll aufgegriffen, wo er nach Gesprächen später sich eine neue Heimat in Bundesrepublik aussuchen durfte.
Das letzte verbliebene Güterzugpaar, hier Richtung Westen bei Herleshausen 1971/72 Foto: Detlef Dübotzky
Am 13. Juli 1978 ereignet sich ein folgenschwerer Unfall, der bei der Böschungsreinigung passiert. Ein Bagger der auf dem Arbeitszug mitgeführt wird, um Gräben auszuheben, die dem Abwasser dienen, wurde, um eine Brücke bei Wommen zu unterqueren, der Ausleger nicht weit genug abgesenkt. Dieser blieb an der Brücke hängen und somit kippte der Bagger um und reißt vier Arbeiter, die hinter dem Bagger auf dem Flachwagen sitzen, mit herunter aufs Gleis. Nur dem Umstand, dass der Bagger nicht komplett umgestürzt ist, verdanken die vier ihr Leben. Dieser hätte sie sonst unter sich begraben, trotzdem hatten die vier aber teilweise schwere Verletzungen. Bei den vier Reichsbahnern waren drei aus Herleshausen und einer aus der DDR. Ein Weiterer aus Herleshausen, sowie der Baggerfahrer aus der DDR kamen durch ihr schnelles Handeln mit dem Schrecken davon. Die Verletzten wurden, bis auf den Schwerverletzten, der mit dem Rettungshubschrauber nach Kassel geflogen wurde, ins Kreiskrankenhaus Eschwege eingeliefert. Zwei Stunden, nachdem die Rettungskräfte eingetroffen sind, kamen Vertreter der DDR-Behörden an den Unfallort. Zusammen mit Fachkräften der Bundesbahn wird Bestandsaufnahme gemacht. Der verunfallte Bagger ist nur noch Schrott, die in Mitleidenschaft gezogene Brücke wird vorsorglich gesperrt bis zur vollständigen Prüfung. Der Verkehr über die alte Strecke wird eingestellt. Da auf dem Arbeitszug nicht nur Bundesdeutsche, sondern auch DDR-Bürger beschäftigt sind, macht dieses Unglück nicht nur in der Bundesrepublik Schlagzeilen, sondern auch in den DDR-Regierungskreisen. Die Reichsbahner, die im Westen wohnten und hier auch arbeiteten auf dem hessischen Teilstück der Thüringer Stammbahn, erhielten durch das Bekanntwerden, dass diese in DM bezahlt wurden, 24 von ihnen zum 1. August 1978 ihre Kündigung. Nur drei durften bei der Reichsbahn bleiben, zur Unterhaltung der Strecke. Obwohl sogar in den Jahren der deutsch/deutschen Teilung im Westen noch welche von der Reichsbahn der DDR eingestellt worden sind, um die ausgeschiedenen Mitarbeiter, die in Rente gegangen sind, zu ersetzen.
Schwerer Bahnunfall bei Wommen. Foto: C. Cortis/Werra-Rundschau vom 14.07.1978
Der letzte verbliebene Güterzug der alten Strecke, ein Kalizug, der wegen zu hohem Gewicht, die Steigungen der Umleiterstrecke »Trasse« nur unter großen Aufwand befahren konnte, wurde jetzt auf Anordnung über diese »Trasse« geschickt. Der Zugverkehr auf der alten Strecke war damit komplett eingestellt. Unverständnis vonseiten der Reichsbahner im Westen, da die Strecke erst ein halbes Jahr vorher auf DDR-Seiten beiderseits erneuert wurde und auch der Abschnitt im Westen zur Erneuerung geplant war. Drei Jahre später wurden die Gleise durch Sperren beidseitig im Westen und Osten der »Enklave« unpassierbar gemacht und in 1988 dann Gleisstücke herausgerissen, sowie der Grenzzaun im Bereich der ehemaligen Gleise bestens gesichert. Mit dem Verzicht der Reichsbahn zwecks Nutzung der Gleisanlagen auf dem hessischen Gebiet, gehen die Bahnhöfe Wommen und Herleshausen mitsamt dem Streckengleis in den Besitz der Bundesbahn zum 1. Juli 1988 über. Da die damit nichts anfangen konnte, dachte man über einen Rückbau, sowie den Verkauf der Grundstücke nach. Diesem kommt zum Glück die Grenzöffnung zuvor.
Die Grenzöffnung, Wiedervereinigung und eine der wichtigsten Ost-West-Verbindungen:
Mit der Grenzöffnung und die damit neu gewonnene uneingeschränkte Reisefreiheit für DDR-Bürger brachte die Reichsbahn ans Limit. Aber die Reichsbahner an der Thüringer Stammbahn, sowie im ganzen Land leisteten Außergewöhnliches und bewältigten die neue Situation, auch wenn dadurch der Güterverkehr fast zum Erliegen kam. Nur wenige Monate später, im Februar, kamen erste Gespräche beider Eisenbahnverwaltungen DB und DR zustande, die alte Strecke wieder in Betrieb zu nehmen, wobei auch gleich über die Elektrifizierung der Gesamtstrecke ab Bebra bis Neudietendorf gesprochen wurde. Die weitere Strecke in Richtung Osten war bereits elektrifiziert. Die Bauarbeiten begannen dann ab Ende April 1990 nach einer »Begehung« der Strecke im März mittels einer sogenannten Ferkeltaxe, die die Strecke nach einem provisorischem Lückenschluss von Gerstungen her begutachtete, wobei zwischen Gerstungen und Eisenach alles komplett erneuert wurde. Die ehemaligen Bahnhöfe Herleshausen, Hörschel und Eisenach West wurden zu Haltepunkten. Der Bahnhof Wartha »verlor« seinen Personenzughalt und wurde zum Betriebsbahnhof, wobei man hier auch noch Güter verladen konnte, insbesondere Holzverladung gab es hier öfters. Der ehemalige Bahnhof Wommen wurde komplett abgerissen und wird es auch zukünftig nicht mehr geben.
Das unterbrochene Gleis am Grenzzaun 1990. Blick nach Wommen. Im Hintergrund das Stellwerk Ww. Das sichtbare Gleis war in der westlichen Enklave zwischen der DDR. Foto: Stefan Motz
Am 3. März 1990 reiste der Alt-Bundeskanzler Willy Brandt mit einem D-Zug zur Wahlkampfveranstaltung für die ersten freien Volkskammerwahlen der DDR nach Erfurt, wobei er in Gerstungen einen Zwischenhalt hatte und diesen für eine Rede nutzte und dafür auf dem Bahnhof extra eine kleine Rednerbühne gestellt bekam. Gut 12 Wochen später rückte der Bahnhof wieder in den Blick der öffentlichkeit. Am 27. Mai fuhr der erste Inter-City (IC) in die DDR. Der IC mit dem Namen »Johann Sebastian Bach« fuhr von Frankfurt/Main nach Leipzig und hält sogar in Gerstungen, wo er feierlich begrüßt wird.
Grünes Licht für den vorerst eingleisigen Ausbau des 1978 stillgelegten deutsch-deutschen Streckenabschnitts mit der Montage eines etwa 15 Meter langen Gleisstückes, das symbolisch die letzte Lücke zwischen den bisher getrennten Verbindungen herstellte
Foto: Jürgen Ludwig, Bundesarchiv, Bild 183-1990-0426-028 / CC-BY-SA 3.0
Nur wenige Tage vor dem Tag der Wiedervereinigung erfolgte am 21.September die symbolische Weichenumstellung von dem einzigen demokratisch gewählten Ministerpräsidenten der DDR Lothar de Maizičre zwischen Wartha und dem »weißen Strich«. Der weiße Strich war der Grenzverlauf an Stellen, wo es keinen Grenzzaun gab, um immer genau die Grenze bei eventuellen Zwischenfällen zu definieren. Diese symbolische Weichenumstellung war so eine Art »Grundsteinlegung« zum Auftakt des Beginnes der Wiederherstellung der Gleisverbindung Wartha - Herleshausen - Gerstungen. Gut ein Jahr später am 26. September 1991 wurde ein eingeschränkter Verkehr auf der zuerst eingleisigen Strecke aufgenommen. Weiterhin gab es auch auf der Umleiterstrecke »Trasse« noch Zugverkehr, da die neu aufgebaute »alte« Strecke die ganzen Züge nicht bewältigen konnte, bzw. durch bestehende Bauarbeiten teilweise gesperrt war. So fuhren noch sämtliche Nahverkehrszüge über Förtha, da sie hier fahrplanmäßig hielten. Nur ein Jahr nach der Freigabe für den eingleisigen Verkehr wurde die Strecke zweigleisig eröffnet mit einer Sonder-Rundfahrt von Eisenach über Förtha nach Gerstungen und über die wiedereröffnete Talstrecke durch Herleshausen wieder zurück nach Eisenach. Der Sonderzug wurde von der preußischen T 16.1 Güterzug-Tenderlokomotive 94 1292 vom Museum Arnstadt gezogen mit historischen DR-Einheitsabteilwagen. Mit der Wiedereröffnung der Strecke von Gerstungen über Herleshausen nach Eisenach wurde der Zugverkehr auf der »Trasse« eingestellt. Die Stilllegung im Güterverkehr erfolgte zum 28. Mai 1993, der Rückbau der Gleisanlagen noch im selben Jahr, aber die Gesamtstilllegung erfolgte erst im folgenden Jahr durch das Eisenbahn-Bundesamt genehmigt am 19. Juli 1994 mit Wirkung zum 25. September 1994.
Schild über Aufbau der Bahnstrecke Foto: Stefan Motz
Mit dem Aufbau des Opelwerkes in Eisenach wurde die Hörseltalbahn GmbH als erstes privates Eisenbahn-Unternehmen in den neuen Bundesländern gegründet, diese wickelt die Schienenlogistik seit dem 15. Dezember 1992 bei Opel und zum Bahnhof Eisenach ab, wobei dem Unternehmen der eigene Betriebsbahnhof Eisenach-Stedtfeld zur Verfügung steht. Nur gut fünf Monate später am 23. Mai wurde für das Automobilwerk der Haltepunkt Eisenach-Opelwerk eröffnet.
Sonderzug Eisenach - Förtha - Gerstungen - Herleshausen - Eisenach, hier bei Förtha. Foto: Uwe Bachmann
Um die Strecke für die Zukunft auf den neuesten Stand zu bringen, wurde diese elektrifiziert. Dafür musste eigens in Eisenach ein Umspannwerk errichtet werden, um die Bahnstromversorgung sicher zu stellen. Der elektrische Betrieb zwischen Bebra und Neudietendorf (15 km östlich Gotha) wurde zum Fahrplanwechsel am Sonntag, den 28. Mai 1995 aufgenommen. Auch wurde in Eisenach ein elektronisches Stellwerk (Estw) gebaut. Am 15. Juni 1995 ging nach 12-stündiger Totalsperrung der Strecke das neue Estw in Betrieb, das die Bedienung und Überwachung der gesamten Strecke von westlich Gerstungen bis Neudietendorf übernimmt, zusammen für 70 km. Alle bisherigen Stellwerke an diesem Streckenabschnitt gingen damit außer Betrieb. Ab dem Sommerfahrplan im Jahr 2000 (28. Mai) wurde die Bahn zur ICE-Strecke und Eisenach zum ICE-Halt, heute im Stundentakt.
Gebäudebauliche Veränderungen gab es in den 2000er Jahren in beiden Bahnhöfen an der Strecke. So wurden in Eisenach der Wasserturm und das Dienstgebäude des Bw abgebrochen. In den restlichen Bw-Anlagen ist neben dem Eisenbahn-Verkehrs-Unternehmen (EVU) Uwe Adam auch die Interessengemeinschaft Werrabahn Eisenach e.V. mit jeweils ihren eigenen Fahrzeugen beheimatet, sowie die Stadler Rail Service, in Sachen Wartung und Reparatur für die Bahn. Der alte Lokschuppen am Bahnhof, der fast aus den Anfangstagen ist, steht heute noch. In Gerstungen fiel die Güst der Spitzhacke zum Opfer für eine Photovoltaikanlage, das Bw, das eigentlich für ein Eisenbahnmuseum geplant war und sogar schon einige Fahrzeuge vor Ort standen, wurde zusammen mit dem Wasserturm ebenfalls dem Boden gleich gemacht. Durch Gerstungen fährt heute noch die Kalibahn, deren Zug dort auf eine andere Traktionsart umgespannt wird. Deswegen ist DB Cargo mit Rangierer vor Ort. Zusätzlich gibt es hier noch eine Außenstelle der DB Netz Leit- und Sicherungstechnik.
Abbruch des Bahnbetriebswerk in 2012. Bild der Gemeinde Gerstungen mit frdl. Genehmigung
Seit dem Winterfahrplan 2006 fahren im öffentlichen Nahverkehr die Cantuszüge. Die Strecke wurde zwischenzeitlich durch Anpassung in Lage und Neigung für höhere Geschwindigkeiten ertüchtigt. Des Weiteren ist eine Neubaustrecke von Fulda her geplant, die westlich von Gerstungen in die bestehende Strecke einmünden soll. Auch diese soll eine Fahrzeitverkürzung mit Geschwindigkeiten bis 230 km/h bringen.
Seit 2015, dem 60. Jahrestag der Ankunft der Spätheimkehrer ist im Empfangsgebäude von Herleshausen eine Dauerausstellung zum Gedenken an die damaligen Schicksale zu besichtigen.
Nicht ausgeführte Planungen:
Neben den schon erwähnten Erweiterungen der Bahnanlagen in Gerstungen, diesen zum zweitgrößten Rangierbahnhof in Thüringen zu machen, welches auch nicht mehr durch die Kriegseinflüsse zustande kam, gab es bereits 1873 den Plan Gerstungen zum Kreuzungsbahnhof zu erweitern. Es sollte eine Zweigbahn errichtet werden von Ettenhausen (nördlich von Bad Salzungen) abzweigend von Werratalbahn Eisenach - Förtha - Bad Salzungen - Coburg - Lichtenfels nach Gerstungen. Von hier sollte dann die Trasse weiter gehen bis Hoheneiche, um dort an die geplante, bzw. schon im Bau befindliche Bebra-Friedländer Bahn angeschlossen zu werden. Hiermit sollte einerseits ein besserer Anschluss an die Seehäfen Bremen und Hamburg erreicht werden, andererseits war auch ein Konkurrenzdenken vorhanden gegenüber der weiter westlich verlaufenden Hanau - Bebraer Bahn. Für die Planung und vielleicht sogar den Bau waren bereits 1 ½ Millionen Thaler vorgesehen. Eventuell wurde dann etwa dreißig Jahre später ein Teil der Trasse verwirklicht, auf der dann bis heute die Kalibahn von Berka/Werra bis Gerstungen fährt.
Planung der Bahnstrecke Ettenhausen - Gerstungen - Hoheneiche in 1875. Aus Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen
Eine weitere Planung in der auch Gerstungen genannt wurde, war die Strecke von Hünfeld bzw. Hersfeld nach Gerstungen, die den Hönebacher Tunnel, sowie auch den Bahnhof Bebra umgehen sollte. Den Tunnel, um ein Nachschieben der Züge einzusparen, das neben erhöhten Personalaufwand auch noch erhöhte Kosten waren durch Vorhalten von zusätzlichen Lokomotiven und deren Wartung. Der Bahnhof Bebra, der bereits bei der ersten Erwähnung der neuen Strecke im »Beiblatt zum Militair-Wochenblatt« 1869 wohl schon fast an seine »Grenzen« kam. Die Umgehungsstrecke sollte hier zur Entlastung führen. Doch die Planung geriet wieder ins Stocken, so dass diese in den 1890er Jahren wieder aufgegriffen wurde, doch auch daraus wurde nichts. Ob diese geplante Strecke erst im Bahnhof Gerstungen in die vorhandene Strecke eingefädelt wurde oder bereits einige Kilometer westlich davon in einen anderen, eventuell neu angelegten Bahnhof ist in den Publikationen über diese Planung nicht ersichtlich. Doch in Zukunft wird diese Planung von damals wohl Wirklichkeit werden, wenn auch nicht nach damaligen Plänen, doch die Umgehung von Bebra und dem Hönebacher Tunnel ist auch hier geplant, die bereits oben genannte Neubaustrecke Fulda - Gerstungen.
Planung Neubau einer Strecke Gerstungen - Hersfeld oder Hünfeld in 1869 aus »Beiheft zum Militair-Wochenblatt 1869«