Externer Link zum Originalbild: Bahnhof Wartha an der Werra (Strecke 6340, fotografiert im Oktober 2013 von Wikipedia-User dk0704, Lizenz CC BY-SA 3.0 DE)

Karte der Thürimger Stammbahn, Ausschnitt aus Karte der BD Kassel von 1945/1955 (Quelle: Eisenbahnfreunde Kassel e. V.)
Mit freundlicher Genehmigung der Eisenbahnfreunde Kassel e. V.

 

Nachdem am Bahnhof Gers­tungen die Kriegs­schäden be­sei­tigt waren, geht es hier auch »berg­auf«. Schritt für Schritt wurde dieser zum Grenz­bahn­hof um­gebaut, doch dieses im Einzelnen. Zum 1. Juli 1957 wird er wie­der zum Ran­gier- und Zug­bil­dungs­bahn­hof. Die Zoll­kon­trollen im Güter­ver­kehr, die bis­her in War­tha waren, wer­den jetzt in Gers­tungen vor­ge­nommen. Ab 1960, wohl in Vor­aus­sicht auf die neue Strecke, wird auch wie­der der Lok­bahn­hof Gers­tungen als Außen­stelle des Bw Eise­nach eröffnet, so wur­den zu den Zei­ten als Lok­bahn­hof in Gers­tungen dort auch Dampf­loko­motiven repa­riert. Be­reits um 1958 erhielt der ehe­malige und zu­künf­tige Lok­bahn­hof als einer der ersten einen be­leuch­teten Lunin Unter­suchungs- und Revisions­kanal in der DDR. Doch weiter­hin war der DDR-Füh­rung die westliche »Enklave« zwischen War­tha und Neu­städt ein Dorn im Auge. Hier musste Abhilfe geschaffen wer­den.

Das allseits bekannte Datum des Mauer­baus am 13. August 1961 in Berlin, hatte nicht nur dort Aus­wirkungen, sondern an der gesamten inner­deutschen Grenze kam es zur kom­pletten Ab­schot­tung. Bei einer Dring­lich­keitssitzung am 18. September 1961 ver­kün­dete DDR-Verkehrs­minister Erwin Kramer einen Maß­nahme­plan mit dem Ziel, un­verzüg­lich eine neue Eisen­bahn­strecke zwischen Gers­tungen und För­tha zu bauen. Grund für diesen Plan war, dass die Thü­ringer Stamm­bahn zwischen Eise­nach und Gers­tungen zwei­mal die Grenze zwi­schen West und Ost querte. Um die mas­siven Grenz­sicherungen und even­tuell dop­pelten Grenz­kon­trollen, die ja bei jedem Grenz­wechsel nötig wären zu ver­meiden, war laut DDR-Füh­rung diese Maß­nahme die ein­zig Rich­tige. Auf Befehl des DDR-Verkehrs­ministers wurde ab Oktober 1961 bis April 1962 eine 13,3 km lange ein­gleisige Neubau­strecke und paral­lel dazu eine 9,8 km lange Stra­ße, sowie eine Eisen­bahn­ver­bin­dungs­kurve von 0,9 km bei Förtha gebaut. Die Ver­bin­dungs­kurve vermied das Um­span­nen der Loks im Bahn­hof Förtha. Die hier­für er­for­der­lichen Grund­stücke wurden ein­fach be­schlag­nahmt. Unter mas­sivem Ein­satz von Arbeits­kräften, Tech­nik und Mate­rial wurde dieses Projekt aus­ge­führt, so wur­den, um mal nur ein paar Zah­len zu nennen, 6.000 Bau­ar­beiter aus der gesam­ten DDR hier­her zu­sam­men­ge­zogen. Unter ande­rem waren 110 Bag­ger und 600 Kipp­laster im Einsatz, sowie 86 Rau­pen­fahr­zeuge. Auch war schwe­res Berge­ge­rät der NVA zeit­weilig vor Ort, die die Ma­schi­nen und Lkw's im­mer mal wie­der aus dem Schlamm ziehen mussten. Dabei wurden fast 7 Mil­li­onen Kubik­meter Erde und Fels bewegt. Bereits bei den Vor­ar­beiten ab 20. Sep­tem­ber wurden inner­halb eines Monats 20 ha Wald (200.000 m²) gerodet und 7.000 Fest­meter Holz geschlagen. Der geplante In­betrieb­nahme-Termin zum Ende des Jahres 1961 konnte durch die Wit­te­rungs­be­dingungen, wie andauernder Regen­fall sowie Winter­ein­bruch bis -17 Grad nicht ge­hal­ten werden. Am 13. A­pril 1962 wurde der erste Zug nach nur 6 ½ Monaten Bau­zeit im Auf­trag des Minis­teriums für Verkehrs­wesen durch Dipl. Ing. Leiser im Bei­sein von Präsi­dent Buhlke und Vize­präsi­dent Geldner der Reichs­bahn­direktion Erfurt in Eise­nach empfangen und damit die Strecke eröffnet. Der Eröff­nungs­zug bestand aus Doppel­stock­wagen, der mit den besten Ar­bei­tern der Strecke besetzt war und von der Güter­zug­dampflok 44 408 gezogen wurde, an dessen Rauchkammer das Bild des Staats­rats­vor­sitzenden Walter Ulbricht und dem Tender die Auf­schrift: »Ruhm und Ehre den Er­bauern der Trasse« prangte. Ob­wohl die »Trasse«, so die Bezeich­nung der DDR sogar mini­mal kürzer war, so war die Fahr­zeit wesent­lich län­ger, waren doch hier er­heb­liche Stei­gungen zu be­wäl­tigen mit bis zu 22,5 ­‰. Es muss­ten auf noch nicht mal 8 km eine Höhe von 80 Me­tern über­wunden wer­den, was an die Lei­stungs­fä­hig­keit von Mensch und Ma­schine kam. Es kamen die stärk­sten und neuesten Loko­mo­tiven zum Ein­satz, aber selbst diese brauch­ten Vor­spann und Nach­schub. Das heißt, dass zwei Loks vorne am Zug dran waren und eine hinten nachschob. Teil­weise waren da sogar drei Loks vorn. Strecken­weise durfte nur mit 30 km/h ge­fah­ren werden, doch auch dieses wurde nicht immer er­reicht, so ging es nur im Schnecken­tempo voran bis zum Still­stand. Und das bei einer ein­glei­sigen Strecke, bei der die Gegen­züge ab­ge­wartet wer­den muss­ten. Nur um nicht mehr über das Ge­biet des Klas­sen­feindes zu fahren. Durch die hohe Be­lastung der Strecke kam es auch immer wie­der zu Pro­blemen auf der Strecke, welche Ab­sen­kungen des Glei­ses, Schie­nen­brü­chen, Gleis­ver­wer­fungen waren und dadurch natür­lich hohe Unter­hal­tungs­kosten. Doch das wurde alles in Kauf ge­nommen und auch um­ge­hend instand­ge­setzt. Diese Strecke hat­te Prio­rität!

Grenzbahnhof Wartha nur noch für Güterverkehr 1975, Sammlung Erich Preuß/ Sammlung Eisenbahnstiftung
Grenzbahnhof Wartha nur noch für Güterverkehr 1975,
Sammlung Erich Preuß/ Sammlung Eisenbahnstiftung


Die Trasse machte jetzt auch den Grenz­bahnhof Wartha über­flüs­sig, so dass am Bahn­hof Gers­tungen eine neue Grenz­über­gangs­stelle (Güst) er­rich­tet wurde, dabei wur­den auch die Gleis­an­lagen umge­baut, damit eine Republik­flucht gleich ver­hindert werden konnte. Sämt­liche Gleise, die Rich­tung Westen gingen, hat­ten Flucht­weichen, die immer so ge­stellt waren, dass der Zug ent­gleiste. Nur bei durch die Grenz­truppen frei­ge­gebenen Zügen durfte diese auf Fahrt Richtung Westen umge­stellt werden, natür­lich nur unter Auf­sicht. Und das waren in Gers­tungen bei­de Rich­tungen, Rich­tung Ober­suhl und Rich­tung Herles­hausen. Am 29. Sep­tember 1963 ging die neue Güst in Be­trieb und der Grenz­bahnhof Wartha wurde ge­schlos­sen. Seit­her ver­kehr­ten die Inter­zonen­züge und die durch die Trans­port­polizei über­wachten Tran­sit­üge nach West­berlin vom neuen, durch das Grenz­personal der DDR streng bewachten Grenz­bahnhof Gers­tungen über die Trasse nach Eisenach. Einen Tag vor der In­betrieb­nahme der Güst Gers­tungen kam eine rote Mütze mit der Be­schrif­tung »Letzter Gruß - Bf. Wartha« am Zug­schluss von Schnell­zug D 6 nach Bebra, die es unbemerkt durch Ger­stungen ge­schafft hatte. Einer der wich­tigsten Grenz­über­gangs­stellen der DDR war der Bahn­hof Gers­tungen als Grenz­bahnhof während der deut­schen Tei­lung. Hier fand DDR-seitig bei Zügen in und aus der DDR die Grenz­kontrolle im­mer bei ste­hendem Zug statt. Die An­lagen zur Grenz­kontrolle waren so­weit per­fek­tioniert, dass der Zug von allen Seiten, auch von oben kon­trolliert werden konnte. Zusätz­lich gab es noch Räume, in welche Per­sonen zur Unter­suchung oder Ver­neh­mung gebracht wurden. Diesen hier betrie­benen Auf­wand gab es natür­lich in ähn­licher Form an jedem Grenz­über­gang, ob Straße oder Schiene, für jede Person, die das Staats­gebiet der DDR betreten oder verlassen wollte.

Überblick vom Grenzturm auf den Bahnhof Gerstungen 1991. Blick aus Südwesten Rechts der Personenbahnhof, links der Grenzbahnhof. Foto: Günter Tscharn
Überblick vom Grenzturm auf den Bahnhof Gerstungen 1991. Blick aus Süd­westen Rechts der Personenbahnhof, links der Grenzbahnhof.
Foto: Günter Tscharn


Wenn auch der Gerstungen Grenz­bahnhof war, so kamen die Loko­motiven der Reichs­bahn der DDR doch bis Bebra. So war es bei den Reise­zügen und den Inter­zonen­zügen. Diese wurden seit der Tei­lung fast immer mit den Parade­pferden der Reichs­bahn bespannt. Das waren anfangs Loko­mo­tiven der Bau­rei­hen 01. Seit der Re­kon­struk­tion der Bau­rei­he 01, des­sen ver­bes­serte Bau­art 01.5. Aber auch Loko­mo­tiven der Bau­reihen 41 und 22 (Reko der BR 39). Bei be­son­ders schwe­ren Zü­gen sogar mit Vor­spann. Güter­züge wur­den be­reits von An­fang an in Gers­tungen auf Loko­motiven der Deut­schen Bundes­bahn (DB) um­ge­spannt. Nach einem 1972 neu abge­schlos­senen Eisen­bahn­grenz­über­ein­kommen wurden ab dem 3. Ju­ni 1973 alle Züge be­reits in Gers­tungen auf Loko­motiven der DB umge­spannt. Auf der Strecke von Eise­nach nach Gers­tungen fuh­ren im­mer die stärk­sten und neue­sten Loko­motiven der Reichsbahn, nicht als Vor­zeige­loks, son­dern weil es die stei­gungs­reiche Strecke über För­tha es er­for­derte. Neben den schon genann­ten Schnell­zug­dampf­loks fuhren auch schwere Güter­zug­loks der Baureihen 41, 43 und 44. Teil­weise mit Vor­spann und Nach­schub. Ab den 1960er Jahren auch ver­mehrt Diesel­loks der Baureihen V 180 DDR-Eigenproduktion, später dann erste Loks aus Russland, die BR 200 (Ost), die in der DDR als Taiga­trommel sich einen Namen machte, wegen ihrer gewal­tigen Geräusch­kulisse. Nach Ende der Dampf­lok­zeit in Gers­tungen fuh­ren dann auch wei­tere Diesel­loks aus Sowjet­pro­duk­tion dort, die Bau­reihen 130 und 132 mit etwa 3000 PS, die den bis­herigen Vor­spann oder Nach­schub un­nötig machten. Im Rah­men der deutsch/deutschen An­nä­he­rung von der sozial­libe­ralen Re­gie­rung der Bundes­republik mit dem Vor­sit­zenden des DDR-Mi­nister­rates fuhr der dama­lige Bundes­kanzler Willy Brandt am 19. März 1970 durch Gers­tungen, wobei auch er und die Abge­sandten der Bundes­republik sehr wahr­schein­lich wäh­rend des zwanzig­minütigen Auf­ent­haltes sich einer Grenz­kontrolle unter­ziehen mussten. Weiter ging es über die »Trasse« durch Eise­nach nach Er­furt zum Gipfel­treffen. Das Gegen­treffen, welches in Kassel am 21. Mai 1970 statt­fand, wurde von dem Vor­sit­zenden des Mi­nister­rates der DDR Willi Stoph wahr­ge­nommen. Auch dieser Zug fuhr über die Strecke Eise­nach - För­tha - Gers­tungen. Selbst hier wurde be­stimmt der Zug unter­sucht, um even­tuelle Re­pu­blik­flücht­linge zu ent­decken, auch wenn die ge­samte Strecke ab Berlin bis Gers­tungen sicher­heits­technisch bis zum Maxi­mum unter­sucht und über­wacht wurde. Sämt­liche Wei­chen, die ab­zweig­ten wur­den ge­si­chert und ver­schlos­sen. Der Zug­verkehr, der auf das Gleis des Sonder­zuges fahren konnte, wurde kom­plett ein­ge­stellt. Alle Bahn­höfe, Stell­werke und son­stige Stel­len, die mit dem Zug­be­trieb des Sonder­zuges in Be­rüh­rung kamen, wurden zur Beo­bach­tung mit Mit­ar­bei­tern der Staats­si­cher­heit zu­sätz­lich be­setzt. Zehn Mi­nuten vor­weg fuhr ein Zug, der letzt­malig die Strecke über­prüfte. Im Nach­herein fuhr hinter dem Sonder­zug noch eine ein­zel­ne Lok, die den even­tuell lie­gen ge­blie­benen Sonder­zug wei­ter­schie­ben oder ab­schlep­pen sollte.

Grenz-Bahnhof Gerstungen von Nordosten 1991. Foto: Axel Johanßen Lüchow/Wendland
Grenz-Bahnhof Gerstungen von Nordosten 1991.
Foto: Axel Johanßen Lüchow/Wendland


Des Weiteren war Gers­tungen auch Wen­de­bahn­hof für den Per­so­nen-Nah­ver­kehr der Ver­bin­dung Roten­burg an der Ful­da und Be­bra nach Ober­suhl in Zei­ten der zwei deutschen Staaten. Für die Fahr­gäste war in Ober­suhl End­station. Aus eisen­bahn­tech­nischen Grün­den fuh­ren einige der Zü­ge wei­ter nach Gers­tungen. Dort wurde dann »ge­wen­det«, das heißt, die Zug­lok wur­de an das andere Ende des Zuges um­ge­spannt. Bei Trieb­wagen ging der Lok­führer auf den ande­ren Füh­rer­stand. Die Züge fuh­ren dann auf das andere Gleis, das Rich­tungs­gleis nach Bebra. Wenn mög­lich wurde aber nicht über die deutsch/deutsche Gren­ze ge­fahren. Das ging aber nur, wenn es nach­folgend kei­nen Zug gab, denn ein Rich­tungs­gleis­wechsel war in Obersuhl nicht mög­lich, da es hier keine Weiche gab. Wenn die Strecke »rückwärts« frei war, gab es eine so­ge­nannte Sperr­fahrt zwischen Ober­suhl und Höne­bach. Der Zug fuhr dann auf dem fal­schen Richtungs­gleis zurück bis Höne­bach. Dampf­loks scho­ben ihre Wagen vor sich her, der Trieb­wagen­führer brauch­te nur den Füh­rer­stand zu wechseln. In Höne­bach wurde dann die Lok um­ge­spannt auf die Zug­vor­der­seite und die Dampf­züge, wie auch die Trieb­wagen, wech­selten dann auf das rich­tige Gleis nach Bebra. Zug­loks im Per­so­nen-Nah­ver­kehr waren die Baureihen 38.10-40 und 50. Bei den Trieb­wagen handelte es sich um die Baureihen ETA 150 und 176, sowie VT 60.5 und VT 98, teil­weise mit Steuer­wagen. Wei­tere an­dere Dampf­lok­bau­reihen waren natür­lich auch noch mög­lich, wenn sie in einen der um­lie­gen­den BWs, wie Be­bra, Kas­sel, Bad Hers­feld, Tre­ysa und Esch­wege West und wei­teren be­hei­matet waren. Das Wen­den in Gers­tungen endete in 1966, da es von Sei­ten der DDR nicht mehr erlaubt wurde. Um dann das Rich­tungs­gleis Gers­tungen nicht dau­ernd durch Sperr­fahrten zu blockieren, wur­de im Folge­jahr der Halte­punkt Ober­suhl mit Wei­chen und einem Stell­werk ausgestattet, um bereits am End­hal­te­punkt des Per­so­nen-Nah­ver­kehrs wie­der auf das Rich­tungs­gleis nach Be­bra zu fah­ren. Damit waren auch die Sperr­fahr­ten Ge­schich­te und die Strecke von Be­bra bis Gers­tungen war wie­der un­ein­ge­schränkt nutzbar.

Auszug aus dem Buchfahrplanheft 3a der BD Kassel von 1961. Hier ersichtlich die Wendefahrt nach Gerstungen, jedoch durfte die Grenze nur als Leerfahrt überquert werden. Sammlung Dr. Joachim Ludwig
Auszug aus dem Buchfahrplanheft 3a der BD Kassel von 1961. Hier er­sicht­lich die Wendefahrt nach Gerstungen, jedoch durfte die Grenze nur als Leer­fahrt überquert werden. Sammlung Dr. Joachim Ludwig

Einen herben Rück­schlag gab es für die Eisen­bahn am 23. Ju­ni 1976 im Bahn­hof Eise­nach. Durch eine de­fekte Wei­che ent­gleisten Per­so­nen­wagen des inter­nati­onalen Schnell­zuges D 354 von Berlin nach Paris. Die ent­gleisten Wagen stießen mit ei­nem ran­gie­renden Zug auf dem Neben­gleis zu­sammen, der dabei umfiel und auf die neben dem Bahn­damm füh­rende Haupt­ver­kehrs­straße »Renn­bahn« stürzte. In bei­den Zü­gen wurden 26 Per­so­nen ver­letzt, zehn davon schwer. Zum Glück wur­de keine Person und auch kein Fahr­zeug auf der Straße in Mit­lei­den­schaft gezogen.

Bild des verunfallten Schnellzuges im Bahnhof Eisenach. Bundesarchiv Bild 183-R0624-0016 / Demme, Dieter / CC_BY_SA 3.0
Bild des verunfallten Schnellzuges im Bahnhof Eisenach.
Bundesarchiv Bild 183-R0624-0016 / Demme, Dieter / CC_BY_SA 3.0


Für die neu zu errich­tende Auto­bahn­brücke bei Hör­schel (Wer­ra­tal­brücke) wird im Zu­ge des Brücken­baus 1980 zur An­lie­ferung von Bau­ma­te­rialen extra ein Bau­hof mit Beton­misch­anlage in der Ge­mar­kung Pferds­dorf ange­legt, der für drei Jahre eine neu ge­bau­te Gleis­ver­bindung mit dem Bahn­hof Wartha er­hält. Dieses Gleis wird auf der al­ten Bahn­trasse der ehemaligen Werra­talbahn Schweb­da - Tref­furt - Mih­la - Creuz­burg - War­tha er­rich­tet. Der zu­letzt nur noch bis Mihla be­trie­bene Ab­schnitt, die Rest­strecke war durch die Tei­lung Deutsch­lands und die ge­spreng­ten Werra­brücken nicht mehr be­fahr­bar, wurde 1968 still­gelegt und kurz da­rauf ab­ge­baut. Das nun wie­der auf­ge­baute Gleis, mit einer Länge von etwa 1,5 km, das bis fast zum Ort Pferds­dorf ging, hat­te am Strecken­ende einen klei­nen Güter­bahn­hof mit eini­gen Wei­chen, die das Um­setzen und Ran­gieren ermög­lichten. Feder­füh­rend beim Bau war die Bau­firma HochTief mit Firmen­sitz in Es­sen in Zu­sam­men­ar­beit mit wei­teren Bau­firmen aus der DDR. Die An­lie­fe­rung der Bau­ma­te­rialen (u.a. Ze­ment, Kies und Bau­stahl) er­folgte aus der Richtung Eise­nach, kamen aber aus der Bun­des­re­pu­blik über die Um­lei­ter­strecke För­tha und musste somit in Wartha die Lok ans an­dere Ende des Zuges um­ge­hangen werden. Für den Bau der Brücke muss­ten be­stimm­te Vor­ga­ben hin­sicht­lich gleich­blei­bender Qua­li­tät ein­ge­halten werden, die den da­ma­ligen west­deut­schen Stan­dard ent­sprachen, da diese Brücke von der Bun­des­re­pu­blik fi­nan­ziert wurde. Der ein­fache Schienen­weg von von Bebra über Gerstungen, Herleshausen und Wartha war von der DDR-Regierung nicht ge­wünscht und somit muss­ten sich alle Züge über die Stei­gungen rund um Förtha »quälen«. Nach Ab­schluss der Bau­ar­beiten wurde das Gleis zur Bau­stelle wieder zurückgebaut.

Die alte Strecke

Mit den Verhandlungen über Wiederinbetriebnahme der Kalizüge am 3. Sep­tember 1954, wurde auch über Bedienung des Bahnhofs Herles­hausen ge­spro­chen. Gemeint war hier das Be- und Ent­laden im Güterv­erkehr, was jetzt so­gar von der Eisen­bahn­di­rektion Kassel übernommen werden sollte. Und so­mit nicht mehr zu Kosten der Reichs­bahn gegangen wäre. Die Güter­wa­gen soll­ten dem Kali­zug ange­hangen werden von Bebra kommend bis Gers­tungen fah­ren und dort sollte der Kali­zug stehen bleiben, die Güter­wagen für Her­les­hausen abgehangen, täglich war von zwei bis drei Wagen die Rede, und von der DB-Lok zum Bahnhof Herleshausen gebracht und dort gegen die ab­zu­ho­lenden ge­tauscht werden. Die abge­holten Güter­wagen aus Herles­hausen soll­ten dem Kali­zug wieder ange­hangen werden und mit dem Ganzen dann erst mal ins Kali­revier fahren. Bei der Rück­fahrt des Kali­zuges wurden die Gü­ter­wa­gen »Herleshausen« wieder mit­gebracht und nun endlich nach Bebra ge­fahren, wo sie auch von Anfang an hin­sollten. Doch wurde dieses von­seiten der DDR abgelehnt, aber immer wieder wurde es von der DB ange­sprochen, wobei es sogar bei einer An­siedlung eines Industrie­betriebes mit Gleis­an­schluss hätte kommen können. Da die DDR jedoch bei der Ab­leh­nung blieb, legte die DB dieses nach 1960 zu den Akten.

Bf. Herleshausen um 1915. Ausschnitt aus einer Postkarte
Bf. Herleshausen um 1915. Ausschnitt aus einer Postkarte

Der Personenzugverkehr, der schon seit 1952 von Wartha nach Gers­tungen einge­stellt war, endete von Hörschel her zum 26. Mai 1963 und zwischen Eise­nach nach Hör­schel zum Ende des Sommer­fahr­plans am 25.Sep­tember 1976. Somit war der Personen­zug­verkehr auf der alten Strecke eigentlich Ge­schichte. Doch mit dem Bau des neuen Auto­mobil­werkes Eisenach (AWE) west­lich der Stadt gab es auf einem Teil­stück der alten Strecke wieder Per­so­nen­zug­ver­kehr. Hier waren es jetzt die Arbeiterzüge, die hier fuhren.
Bis zum Bau der Umleiterstrecke von Gerstungen über Förtha nach Eisenach ging der komplette Zugverkehr weiter über die Thüringer Stammbahn durch die hes­sische »Enklave«. Nach dem Bau der »Trasse«, die nur noch über DDR-Staats­gebiet ging, wurde die ehe­malige Strecke über Herles­hausen nur noch von einem regel­mäßig ver­keh­renden Güter­zug­paar befahren, sowie durch wenige Bau-, sowie Ver­sor­gungs­züge im Jahr. Das war so bis ins Jahr 1978. Die­ses letzte ver­kehrende Güterzugpaar nutzte ein 22-jähriger in 1970, der Fahr­dienst­leiter in Wartha war. Er hat sich aus seinem Stell­werk geschlichen und ist unbe­merkt auf diesen langsam fahrenden Zug geklet­tert, wo einer der Gü­ter­wa­gen unver­schlossen war. Nach der Grenz­über­querung sprang er auf der bundes­deutschen Seite aus dem Zug und wurde vom bundes­deutschen Zoll aufge­griffen, wo er nach Gesprä­chen später sich eine neue Heimat in Bundes­republik aussuchen durfte.

Das letzte verbliebene Güterzugpaar, hier Richtung Westen bei Herleshausen 1971/72 Foto: Detlef Dübotzky
Das letzte verbliebene Güterzugpaar, hier Richtung Westen bei Herleshausen 1971/72 Foto: Detlef Dübotzky

Am 13. Ju­li 1978 ereignet sich ein folgenschwerer Unfall, der bei der Bö­schungs­rei­ni­gung passiert. Ein Bagger der auf dem Arbeitszug mitgeführt wird, um Gräben auszuheben, die dem Abwasser dienen, wurde, um eine Brü­cke bei Wommen zu unterqueren, der Ausleger nicht weit genug abgesenkt. Die­ser blieb an der Brücke hängen und somit kippte der Bagger um und reißt vier Arbeiter, die hinter dem Bagger auf dem Flachwagen sitzen, mit herunter aufs Gleis. Nur dem Umstand, dass der Bagger nicht komplett umgestürzt ist, verdanken die vier ihr Leben. Dieser hätte sie sonst unter sich begraben, trotz­dem hatten die vier aber teilweise schwere Verletzungen. Bei den vier Reichs­bahnern waren drei aus Herleshausen und einer aus der DDR. Ein Wei­te­rer aus Herles­hausen, sowie der Bagger­fahrer aus der DDR kamen durch ihr schnelles Handeln mit dem Schrecken davon. Die Verletzten wurden, bis auf den Schwerverletzten, der mit dem Rettungshubschrauber nach Kassel ge­flogen wurde, ins Kreis­kranken­haus Eschwege ein­ge­liefert. Zwei Stunden, nach­dem die Rettungskräfte eingetroffen sind, kamen Ver­treter der DDR-Be­hörden an den Unfallort. Zusammen mit Fach­kräften der Bundes­bahn wird Be­stands­auf­nahme gemacht. Der verun­fallte Ba­gger ist nur noch Schrott, die in Mit­lei­den­schaft gezogene Brücke wird vor­sorglich gesperrt bis zur voll­stän­digen Prüfung. Der Verkehr über die alte Strecke wird ein­ge­stellt. Da auf dem Ar­beits­zug nicht nur Bundes­deutsche, sondern auch DDR-Bürger beschäftigt sind, macht dieses Unglück nicht nur in der Bundesrepublik Schlagzeilen, son­dern auch in den DDR-Regierungskreisen. Die Reichsbahner, die im Wes­ten wohnten und hier auch arbeiteten auf dem hessischen Teilstück der Thü­ringer Stammbahn, erhielten durch das Bekanntwerden, dass diese in DM be­zahlt wurden, 24 von ihnen zum 1. August 1978 ihre Kündigung. Nur drei durf­ten bei der Reichsbahn bleiben, zur Unterhaltung der Strecke. Obwohl sogar in den Jahren der deutsch/deutschen Teilung im Westen noch welche von der Reichs­bahn der DDR eingestellt worden sind, um die aus­ge­schiedenen Mit­ar­beiter, die in Rente gegangen sind, zu ersetzen.

Schwerer Bahnunfall bei Wommen. Foto: C. Cortis/Werra-Rundschau vom 14.07.1978
Schwerer Bahnunfall bei Wommen. Foto: C. Cortis/Werra-Rundschau vom 14.07.1978

Der letzte verbliebene Güterzug der alten Strecke, ein Kali­zug, der wegen zu ho­hem Gewicht, die Stei­gungen der Umleiter­strecke »Trasse« nur unter gro­ßen Auf­wand befahren konnte, wurde jetzt auf An­ord­nung über diese »Tras­se« geschickt. Der Zug­verkehr auf der al­ten Strecke war damit kom­plett ein­ge­stellt. Un­ver­ständnis von­seiten der Reichs­bahner im Westen, da die Stre­cke erst ein hal­bes Jahr vorher auf DDR-Sei­ten bei­der­seits erneuert wurde und auch der Ab­schnitt im Westen zur Er­neue­rung geplant war. Drei Jahre später wur­den die Gleise durch Sper­ren beid­seitig im Westen und Osten der »En­klave« un­pas­sier­bar gemacht und in 1988 dann Gleis­stücke heraus­gerissen, so­wie der Grenz­zaun im Bereich der ehe­ma­ligen Gleise bestens ge­sichert. Mit dem Ver­zicht der Reichs­bahn zwecks Nutzung der Gleis­an­lagen auf dem hes­sischen Gebiet, gehen die Bahn­höfe Wom­men und Her­les­hausen mit­samt dem Strecken­gleis in den Be­sitz der Bundes­bahn zum 1. Ju­li 1988 über. Da die damit nichts an­fan­gen konnte, dachte man über einen Rück­bau, sowie den Ver­kauf der Grund­stücke nach. Die­sem kommt zum Glück die Grenz­öff­nung zuvor.

Die Grenzöffnung, Wiedervereinigung und eine der wichtigsten Ost-West-Verbindungen:

Mit der Grenz­öffnung und die damit neu gewonnene uneingeschränkte Reise­frei­heit für DDR-Bürger brachte die Reichsbahn ans Limit. Aber die Reichs­bah­ner an der Thüringer Stammbahn, sowie im ganzen Land leisteten Au­ßer­gewöhnliches und bewältigten die neue Situation, auch wenn dadurch der Gü­ter­ver­kehr fast zum Erliegen kam. Nur wenige Monate später, im Februar, ka­men erste Gespräche beider Eisenbahnverwaltungen DB und DR zustande, die alte Strecke wieder in Betrieb zu nehmen, wobei auch gleich über die Elek­tri­fi­zie­rung der Gesamtstrecke ab Bebra bis Neudietendorf gesprochen wurde. Die weitere Strecke in Richtung Osten war bereits elektrifiziert. Die Bauarbeiten begannen dann ab Ende April 1990 nach einer »Begehung« der Strecke im März mittels einer sogenannten Ferkeltaxe, die die Strecke nach einem provisorischem Lückenschluss von Gerstungen her begutachtete, wobei zwischen Gerstungen und Eisenach alles komplett erneuert wurde. Die ehemaligen Bahnhöfe Herleshausen, Hörschel und Eisenach West wurden zu Haltepunkten. Der Bahnhof Wartha »verlor« seinen Personenzughalt und wurde zum Betriebsbahnhof, wobei man hier auch noch Güter verladen konnte, insbesondere Holzverladung gab es hier öfters. Der ehemalige Bahnhof Wommen wurde komplett abgerissen und wird es auch zukünftig nicht mehr geben.

Das unterbrochene Gleis am Grenzzaun 1990. Blick nach Wommen. Im Hintergrund das Stellwerk Ww. Das sichtbare Gleis war in der westlichen Enklave zwischen der DDR. Foto: Stefan Motz
Das unterbrochene Gleis am Grenzzaun 1990. Blick nach Wommen. Im Hin­ter­grund das Stellwerk Ww. Das sichtbare Gleis war in der westlichen Enklave zwischen der DDR. Foto: Stefan Motz

Am 3. März 1990 reiste der Alt-Bundeskanzler Willy Brandt mit einem D-Zug zur Wahlkampfveranstaltung für die ersten freien Volkskammerwahlen der DDR nach Erfurt, wobei er in Gerstungen einen Zwischenhalt hatte und diesen für eine Rede nutzte und dafür auf dem Bahnhof extra eine kleine Rednerbühne gestellt bekam. Gut 12 Wochen später rückte der Bahnhof wieder in den Blick der öffentlichkeit. Am 27. Mai fuhr der erste Inter-City (IC) in die DDR. Der IC mit dem Namen »Johann Sebastian Bach« fuhr von Frankfurt/Main nach Leipzig und hält sogar in Gerstungen, wo er feierlich begrüßt wird.

Grünes Licht für den vorerst eingleisigen Ausbau des 1978 stillgelegten deutsch-deutschen Streckenabschnitts mit der Montage eines etwa 15 Meter langen Gleisstückes, das symbolisch die letzte Lücke zwischen den bisher getrennten Verbindungen herstellte, Foto: Jürgen Ludwig, Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0426-028 / CC-BY-SA 3.0
Grünes Licht für den vorerst eingleisigen Ausbau des 1978 stillgelegten deutsch-deutschen Streckenabschnitts mit der Montage eines etwa 15 Meter langen Gleisstückes, das symbolisch die letzte Lücke zwischen den bisher getrennten Verbindungen herstellte
Foto: Jürgen Ludwig,
Bundesarchiv, Bild 183-1990-0426-028 / CC-BY-SA 3.0

Nur wenige Tage vor dem Tag der Wiedervereinigung erfolgte am 21.September die symbolische Weichenumstellung von dem einzigen demokratisch gewählten Ministerpräsidenten der DDR Lothar de Maizičre zwischen Wartha und dem »weißen Strich«. Der weiße Strich war der Grenzverlauf an Stellen, wo es keinen Grenzzaun gab, um immer genau die Grenze bei eventuellen Zwischenfällen zu definieren. Diese symbolische Weichenumstellung war so eine Art »Grundsteinlegung« zum Auftakt des Beginnes der Wiederherstellung der Gleisverbindung Wartha - Herleshausen - Gerstungen. Gut ein Jahr später am 26. September 1991 wurde ein eingeschränkter Verkehr auf der zuerst eingleisigen Strecke aufgenommen. Weiterhin gab es auch auf der Umleiterstrecke »Trasse« noch Zugverkehr, da die neu aufgebaute »alte« Strecke die ganzen Züge nicht bewältigen konnte, bzw. durch bestehende Bauarbeiten teilweise gesperrt war. So fuhren noch sämtliche Nahverkehrszüge über Förtha, da sie hier fahrplanmäßig hielten. Nur ein Jahr nach der Freigabe für den eingleisigen Verkehr wurde die Strecke zweigleisig eröffnet mit einer Sonder-Rundfahrt von Eisenach über Förtha nach Gerstungen und über die wiedereröffnete Talstrecke durch Herleshausen wieder zurück nach Eisenach. Der Sonderzug wurde von der preußischen T 16.1 Güterzug-Tenderlokomotive 94 1292 vom Museum Arnstadt gezogen mit historischen DR-Einheitsabteilwagen. Mit der Wiedereröffnung der Strecke von Gerstungen über Herleshausen nach Eisenach wurde der Zugverkehr auf der »Trasse« eingestellt. Die Stilllegung im Güterverkehr erfolgte zum 28. Mai 1993, der Rückbau der Gleisanlagen noch im selben Jahr, aber die Gesamtstilllegung erfolgte erst im folgenden Jahr durch das Eisenbahn-Bundesamt genehmigt am 19. Juli 1994 mit Wirkung zum 25. September 1994.

Schild über Aufbau der Bahnstrecke Foto: Stefan Motz
Schild über Aufbau der Bahnstrecke Foto: Stefan Motz

Mit dem Aufbau des Opelwerkes in Eisenach wurde die Hörseltalbahn GmbH als erstes privates Eisenbahn-Unternehmen in den neuen Bundesländern gegründet, diese wickelt die Schienenlogistik seit dem 15. Dezember 1992 bei Opel und zum Bahnhof Eisenach ab, wobei dem Unternehmen der eigene Betriebsbahnhof Eisenach-Stedtfeld zur Verfügung steht. Nur gut fünf Monate später am 23. Mai wurde für das Automobilwerk der Haltepunkt Eisenach-Opelwerk eröffnet.

Sonderzug Eisenach - Förtha - Gerstungen - Herleshausen - Eisenach, hier bei Förtha. Foto: Uwe Bachmann
Sonderzug Eisenach - Förtha - Gerstungen - Herleshausen - Eisenach, hier bei Förtha. Foto: Uwe Bachmann

Um die Strecke für die Zukunft auf den neuesten Stand zu bringen, wurde die­se elektrifiziert. Dafür musste eigens in Eisenach ein Umspannwerk er­rich­tet werden, um die Bahnstromversorgung sicher zu stellen. Der elek­trische Be­trieb zwischen Be­bra und Neudietendorf (15 km östlich Gotha) wurde zum Fahrplanwechsel am Sonntag, den 28. Mai 1995 aufgenommen. Auch wurde in Eisenach ein elektronisches Stellwerk (Estw) gebaut. Am 15. Juni 1995 ging nach 12-stündiger Totalsperrung der Strecke das neue Estw in Betrieb, das die Bedienung und Überwachung der gesamten Strecke von westlich Gerstungen bis Neudietendorf übernimmt, zusammen für 70 km. Alle bis­herigen Stellwerke an diesem Streckenabschnitt gingen damit außer Be­trieb. Ab dem Sommerfahrplan im Jahr 2000 (28. Mai) wurde die Bahn zur ICE-Strecke und Eisenach zum ICE-Halt, heute im Stundentakt.

Gebäudebauliche Veränderungen gab es in den 2000er Jahren in beiden Bahnhöfen an der Strecke. So wurden in Eisenach der Wasserturm und das Dienstgebäude des Bw abgebrochen. In den restlichen Bw-Anlagen ist neben dem Eisenbahn-Verkehrs-Unternehmen (EVU) Uwe Adam auch die Interessengemeinschaft Werrabahn Eisenach e.V. mit jeweils ihren eigenen Fahrzeugen beheimatet, sowie die Stadler Rail Service, in Sachen Wartung und Reparatur für die Bahn. Der alte Lokschuppen am Bahnhof, der fast aus den Anfangstagen ist, steht heute noch. In Gerstungen fiel die Güst der Spitzhacke zum Opfer für eine Photovoltaikanlage, das Bw, das eigentlich für ein Eisenbahnmuseum geplant war und sogar schon einige Fahrzeuge vor Ort standen, wurde zusammen mit dem Wasserturm ebenfalls dem Boden gleich gemacht. Durch Gerstungen fährt heute noch die Kalibahn, deren Zug dort auf eine andere Traktionsart umgespannt wird. Deswegen ist DB Cargo mit Rangierer vor Ort. Zusätzlich gibt es hier noch eine Außenstelle der DB Netz Leit- und Sicherungstechnik.

Abbruch des Bahnbetriebswerk in 2012. Bild der Gemeinde Gerstungen mit frdl. Genehmigung
Abbruch des Bahnbetriebswerk in 2012. Bild der Gemeinde Gerstungen mit frdl. Genehmigung

Seit dem Winterfahrplan 2006 fahren im öffentlichen Nahverkehr die Cantuszüge. Die Strecke wurde zwischenzeitlich durch Anpassung in Lage und Neigung für höhere Geschwindigkeiten ertüchtigt. Des Weiteren ist eine Neubaustrecke von Fulda her geplant, die westlich von Gerstungen in die bestehende Strecke einmünden soll. Auch diese soll eine Fahrzeitverkürzung mit Geschwindigkeiten bis 230 km/h bringen. Seit 2015, dem 60. Jahrestag der Ankunft der Spätheimkehrer ist im Empfangsgebäude von Herleshausen eine Dauerausstellung zum Gedenken an die damaligen Schicksale zu besichtigen.

Nicht ausgeführte Planungen:

Neben den schon erwähnten Erweiterungen der Bahnanlagen in Gerstungen, diesen zum zweitgrößten Rangierbahnhof in Thüringen zu machen, welches auch nicht mehr durch die Kriegseinflüsse zustande kam, gab es bereits 1873 den Plan Gerstungen zum Kreuzungsbahnhof zu erweitern. Es sollte eine Zweigbahn errichtet werden von Ettenhausen (nördlich von Bad Salzungen) abzweigend von Werratalbahn Eisenach - Förtha - Bad Salzungen - Coburg - Lichtenfels nach Gerstungen. Von hier sollte dann die Trasse weiter gehen bis Hoheneiche, um dort an die geplante, bzw. schon im Bau befindliche Bebra-Friedländer Bahn angeschlossen zu werden. Hiermit sollte einerseits ein besserer Anschluss an die Seehäfen Bremen und Hamburg erreicht werden, andererseits war auch ein Konkurrenzdenken vorhanden gegenüber der weiter westlich verlaufenden Hanau - Bebraer Bahn. Für die Planung und vielleicht sogar den Bau waren bereits 1 ½ Millionen Thaler vorgesehen. Eventuell wurde dann etwa dreißig Jahre später ein Teil der Trasse verwirklicht, auf der dann bis heute die Kalibahn von Berka/Werra bis Gerstungen fährt.

Planung der Bahnstrecke Ettenhausen - Gerstungen - Hoheneiche in 1875. Aus Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen
Planung der Bahnstrecke Ettenhausen - Gerstungen - Hoheneiche in 1875. Aus Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen

Eine weitere Planung in der auch Gerstungen genannt wurde, war die Strecke von Hünfeld bzw. Hersfeld nach Gerstungen, die den Hönebacher Tunnel, sowie auch den Bahnhof Bebra umgehen sollte. Den Tunnel, um ein Nachschieben der Züge einzusparen, das neben erhöhten Personalaufwand auch noch erhöhte Kosten waren durch Vorhalten von zusätzlichen Lokomotiven und deren Wartung. Der Bahnhof Bebra, der bereits bei der ersten Erwähnung der neuen Strecke im »Beiblatt zum Militair-Wochenblatt« 1869 wohl schon fast an seine »Grenzen« kam. Die Umgehungsstrecke sollte hier zur Entlastung führen. Doch die Planung geriet wieder ins Stocken, so dass diese in den 1890er Jahren wieder aufgegriffen wurde, doch auch daraus wurde nichts. Ob diese geplante Strecke erst im Bahnhof Gerstungen in die vorhandene Strecke eingefädelt wurde oder bereits einige Kilometer westlich davon in einen anderen, eventuell neu angelegten Bahnhof ist in den Publikationen über diese Planung nicht ersichtlich. Doch in Zukunft wird diese Planung von damals wohl Wirklichkeit werden, wenn auch nicht nach damaligen Plänen, doch die Umgehung von Bebra und dem Hönebacher Tunnel ist auch hier geplant, die bereits oben genannte Neubaustrecke Fulda - Gerstungen.

Planung Neubau einer Strecke Gerstungen - Hersfeld oder Hünfeld in 1869 aus »Beiheft zum Militair-Wochenblatt 1869«
Planung Neubau einer Strecke Gerstungen - Hersfeld oder Hünfeld in 1869 aus »Beiheft zum Militair-Wochenblatt 1869«