Externer Link zum Originalbild: Die 03 1010-2 bei Berga, Kyffhäuser (Strecke 6343, Fotografiert im Oktober 2014 von Manfred Schröter, Berga / Lizenz: CC BY-SA 4.0)

Karte der Strecke zwischen Halle und Kassel, Ausschnitt aus Karte der BD Kassel von 1945/1955 (Quelle: Eisenbahnfreunde Kassel e. V.)
Mit freundlicher Genehmigung der Eisenbahnfreunde Kassel e. V.

 

Krieg, Zerstörung und die Folgen

Blick auf die Werrabrücke bei Hedemünden. Lithografie aus 1910
Blick auf die Werrabrücke bei Hedemünden. Lithografie aus 1910

Der zweite Weltkrieg ging auch an der Halle-Kasseler Bahn nicht spurlos vorbei. Einige Bahnhöfe und Städte wurden von den Alliierten bombardiert. Halle an der Saale erlitt einige Angriffe auf die Bahnanlagen, nur durch die Einsicht einiger Bürger konnte schlimmere Zerstörung verhindert werden. In Sangerhausen wurden die Bahnhofsanlagen zerstört, wobei hier 87 Tote zu vermelden waren.
Und in Kassel waren nicht nur die Bahnanlagen, sondern auch die Stadt in größten Teilen zerstört worden, wobei bis zu 10.000 Menschen ums Leben kamen.
Auch die deutschen Soldaten selbst zerstörten Bahnanlagen, um die Alliierten am Vormarsch auf Berlin aufzuhalten. So wurden hier die Fuldabrücke bei Kragenhof und die Werrabrücke bei Hedemünden gesprengt. Anfang April 1945 kam der Verkehr auf der Bahn im nordhessischen Gebiet zum Erliegen, da die Amerikaner das Gebiet besetzt hatten. Bereits am 8. Juli 1945 haben die Amerikaner wieder den Eisenbahnbetrieb zwischen Eichenberg und Kassel aufgenommen. Die Brücke bei Hedemünden wurde eingleisig als Behelfsbrücke errichtet. Bei der Fuldabrücke Kragenhof mussten die Fahrgäste erst noch umsteigen, erst ab 10. August 1945 wurde eine eingleisige Behelfsbrücke errichtet. Die neuen Brücken werden eröffnet, erst bei Kragenhof genau 4 Jahre nachdem die Behelfsbrücke fertig war, am 10. August 1949 und die Brücke bei Hedemünden in 1950.

Die in 1950 gebaute Werrabrücke in 2021, hier gerade mit dem Umleiterverkehr wegen gesperrter Schnellfahrstrecke
Die in 1950 gebaute Werrabrücke in 2021, hier gerade mit dem Um­lei­ter­verkehr wegen gesperrter Schnellfahrstrecke)

Mit dem verlorenen 2.Weltkrieg wurde Deutschland in 4 Besatzungszonen aufgeteilt, wobei drei die Halle-Kasseler Bahn in unserem Gebiet betrafen. Dieses waren die sowjetische, amerikanische und britische Zone. Obwohl die Amerikaner bis an die Elbe vorstießen, gaben sie die Gebiete der Provinz Sachsen (später Sachsen und Thüringen) an die Sowjetrussen ab, wie es die Konferenz von Jalta (auch Krim-Konferenz) im Februar 1945 vorsah.
Somit teilte sich die Strecke zwischen Hohengandern (westlich Arenshausen) und Eichenberg in zwei Besatzungszonen.
Da jetzt die Provinz Sachsen sowjetrussisch war, dauerte es nicht lange, bis im Zuge der ersten Reparationsleistungen das zweite Gleis zwischen Arenshausen und der Zonengrenze abgebaut wurde. Bis Ende 1946 wurde das zweite Gleis ab Arenshausen in Richtung Osten entfernt. Die Strecke, die durch die neue Staatsgrenze zur Bedeutungslosigkeit verdammt war, wurde von Arenshausen bis vor Heiligenstadt zur Nebenbahn degradiert.

Grenzübergang gewünscht

Die Eisenbahnverwaltung in der sowjetischen Besatzungszone wünschte immer wieder einen Eisenbahn-Grenzübergang zwischen Arenshausen und Eichenberg, der jedoch von der westlichen Bahnverwaltung abgelehnt wurde mit der Begründung, Eichenberg könnte das nicht bewältigen, da die Gleisanlagen dafür nicht ausgelegt seien und es noch Grenzübergang zwischen der amerikanischen und britischen Zone gab.
Daraufhin wurde der westliche Bereich bis zur »Ostzone« mit Schrottlokomotiven zugestellt. Und der Osten unterbrach dann den letzten Schienenstrang auf etwa 15 Metern.
Trotz weiterer mehrmaliger Anfragen von der Bahnverwaltung in der sowjetischen Besatzungszone lehnte die westliche Bahnverwaltung es immer wieder ab.
Im Helmstedter Abkommen vom 11.5.1949 bestand Einigkeit zwischen Ost und West, dass auch zwischen Arenshausen und Eichenberg eine Grenzübergangsstelle errichtet werden könnte und damit der Eisenbahnverkehr aufgenommen werden kann. Weitere Einzelheiten und Zeitpunkt sollten später verhandelt werden, wozu es nie mehr kam. Kurz darauf wurden auf Seiten Thüringens (Länder-Neuordnung in der Deutschen Demokratischen Republik aus einem Teil der Provinz Sachsen) die Gleisanlagen von der Grenze bis an den Bahnhof Arenshausen abgebaut. 1952 wurde von der Bundesrepublik an die DDR angefragt, jetzt doch einen Eisenbahn-Grenzübergang einzurichten. Doch nun lehnte die DDR ab. Nun wurden die Gleise zwischen Eichenberg und der Zonengrenze abgebaut.
In der DDR wurde die Lage noch verschärft dadurch, dass man hier eine 5-km-Sperrzone einrichtete und den Bereich nur noch mit Passierschein und Genehmigung betreten durfte.

Bahnhof Arenshausen in 2019
Bahnhof Arenshausen in 2019

Elektrischer Zugbetrieb auf der Selbstblockstrecke

Haltepunkt Gertenbach 1991, aus dem Buch »Die Halle-Kasseler Eisenbahn« von Paul Lauerwald aus 1993, mit freundlicher Genehmigung des Autors sowie des Fotografen Jörg-Michael Junker
Haltepunkt Gertenbach 1991, aus dem Buch »Die Halle-Kasseler Eisenbahn« von Paul Lauerwald aus 1993, mit freundlicher Genehmigung des Autors so­wie des Fotografen Jörg-Michael Junker

Um die Bahn für die Zukunft fit zu machen und von den unwirtschaftlichen Dampfloks wegzukommen, hat man die Strecke von Eichenberg nach Kassel 1959 für die Elektrifizierung vorgesehen, wie auch die Nord-Süd-Strecke. Am 25. September 1964 wurde mit der Elektrifizierung zwischen Kassel und Eichenberg der Anschluss an die bereits am 26. Mai 1963 elektrifizierte Nord-Süd-Strecke geschaffen und der elektrische Zugbetrieb aufgenommen.
Ab 1960 wurde auf der Strecke das erste Gleisbildstellwerk errichtet, in 1964 die Strecke in Teilen zur Selbstblockstrecke umgebaut, was die Bedienung für die Fahrdienstleiter vereinfachte und 1968 abgeschlossen war. Ende 1980 waren alle Bahnhöfe mit Gleisbildstellwerken ausgerüstet. Die alten Stellwerke und Blockstellen waren dadurch überflüssig und wurden abgerissen.

Zugkreuzung im Bahnhof Eichenberg am 28. April 2021 zeigt 4-mal Cantus: Von Bebra bzw. Kassel werden diese hier im Bahnhof zusammengekuppelt und fahren weiter nach Göttingen. Umgekehrt von Göttingen werden diese hier getrennt und fahren einzeln nach Kassel und nach Bebra. Mit freundlicher Genehmigung des Fotografen Erich Wilde
Zugkreuzung im Bahnhof Eichenberg am 28. April 2021 zeigt 4-mal Cantus: Von Bebra bzw. Kassel werden diese hier im Bahnhof zusammengekuppelt und fahren weiter nach Göttingen. Umgekehrt von Göttingen werden diese hier getrennt und fahren einzeln nach Kassel und nach Bebra. Mit freundlicher Genehmigung des Fotografen Erich Wilde

Wiedervereinigung und Aufstieg

Mit der Öffnung der Grenze zwischen der DDR und der BRD am 9. November 1989 wurde auch ganz schnell der Wunsch geäußert, wieder eine durchgehende Eisenbahnverbindung zwischen Halle und Kassel herzustellen.
In einer Pressemitteilung wurde am 24. November 1989 von ersten Verhandlungen zwischen dem Ministerium für Verkehrswesen (DDR) und der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn geschrieben. Am 30. November 1989 wurde bereits der Planungsauftrag zum Bau einer Verbindung zwischen Arenshausen und Eichenberg erteilt. Die Planung sollte erstmal eine eingleisige Hauptbahn mit der Option auf Zweigleisigkeit sein. Auch die Elektrifizierung wurde mit in die Planungen aufgenommen, sollte aber noch nicht ausgeführt werden.
Da die Strecke noch eine Staatsgrenze durchschnitt, die DDR war noch ein eigenständiger Staat, sollte eine Grenzübergangsstelle (Güst) eingerichtet werden. Da die Güst viel Platz brauchte, konnte sie nicht im Bahnhof Arenshausen gebaut werden. Es wurde über einen Platz westlich von Arenshausen, evtl. auch östlich oder sogar nur über eine reine Güterstrecke nachgedacht. Endgültig wurden dann Zoll- und Grenztruppencontainer im Bahnhof aufgestellt.
Die Gleisbauarbeiten, die in Thüringen von der DR ausgeführt werden sollten, war mit diesen zusätzlichen Arbeiten überfordert und eine bundesdeutsche Bauunternehmung übernahm diese als Generalunternehmer. Doch dann kam es zu einem Kuriosum. Jeder baute das rechte Gleis, so dass eine Verbindung nicht möglich war. Darauf baute die DR das zweite Gleis auch noch. Der Lückenschluss am 3. Mai 1990 wurde wie ein Volksfest gefeiert. Am 19. Mai 1990 waren die Arbeiten abgeschlossen und es erfolgte die Abnahme der Strecke und der Bahnhöfe. Am 26. Mai 1990 erfolgte die öffentliche Einweihung mit einem historischen Personenzug bespannt mit der Traditionslok 01 1531. Beim Durchfahren der Grenze stiegen 1000 Luftballons auf. Den Rest des Tages pendelten dieser Zug für die DR und ein VT 628 Triebzug für die DB immer wieder zwischen Eichenberg und Arenshausen. Am nächsten Tag wurde der offizielle Verkehr aufgenommen mit dem Fahrplanwechsel. Güterverkehr durfte auf der neuen Verbindung noch nicht fahren, erst am 1. August 1990 wurde dieses freigegeben. Von Osten wurde Arenshausen wieder zweigleisig am 3. August 1992 angeschlossen. Erste Inter-Regio-Züge verkehrten auf der jetzt wieder zur Hauptbahn erklärten Strecke ab dem 23. Mai 1993.
Der zweigleisige Ausbau der Strecke Eichenberg – Arenshausen ist am 8. Mai 1994 abgeschlossen. Einen Tag später geht das elektronische Stellwerk in Leinefelde in Betrieb und damit entfallen sämtliche Stellwerk und Blockstellen zwischen Leinefelde und einschließlich Arenshausen und werden abgerissen. Eine Woche später ist die Oberleitung das erste Mal unter Strom, am 29. Mai 1994 beginnt der fahrplanmäßig elektrische Betrieb. In 1998 wurde die Verbindungskurve von Osten nach Norden in Betrieb genommen, um ein Fahrtrichtungswechsel in Eichenberg zu umgehen. Zukünftige Planungen an der Strecke Halle – Kassel sind der Umbau auf elektronische Stellwerke.

Bahnhof Witzenhausen Nord (Fotografiert im Dezember 2020)
Bahnhof Witzenhausen Nord (Fotografiert im Dezember 2020)

Zugehörigkeit Bahnverwaltung:

Die Strecke, die von der Magdeburg-Köthen-Halle-Leipziger Eisenbahn-Gesellschaft gebaut und bis 1876 betrieben wurde, gehörte ab diesem Jahr zur Königlichen-Eisenbahn-Direktion (K.E.D.) Frankfurt, am 1. April 1895 gab es eine Neuordnung der preußischen Eisenbahnverwaltungen. Ab dann gehören die Strecken in Nordhessen und auch die Halle-Kasseler Bahn, von Kassel bis Nordhausen zur K.E.D. Cassel. Auch die Hannoversche Südbahn, Hann-Münden – Cassel, die seit 1866 zur K.E.D. Hannover gehörte, wurde ab dem 1. April 1895 Cassel zugeordnet. Mit der Besetzung Deutschland und Aufteilung in Besatzungszonen wurde die Grenze zwischen Hessen und Thüringen auch die neue Direktionsgrenze (11. Juli 1945) zwischen Kassel und Halle (Betriebsamt Nordhausen). Am 18. August 1945 wird das Betriebsamt Nordhausen, somit auch der Streckenteil Arenshausen – Grenze zum RBD (Reichsbahndirektion) Erfurt zugeteilt. Mit der Auflösung der BD (Bundesbahndirektion) Kassel zum 31. Dezember 1974 wurde die Strecke zwischen der BD Frankfurt und BD Hannover aufgeteilt. Mit der Wiedervereinigung blieb alles so wie es war, bis zur Umwandlung bzw. Zusammenlegung der DR und DB zur DB AG. Statt Eisenbahndirektion nennt man es heute Regionalbereich. Zuständig sind heute der Bereich Südost (Leipzig), Nord (Hannover) und Mitte (Frankfurt).