Externer Link zum Originalbild: Der Grimmsteig zwischen Velmeden und Rommerode mit Blick auf Rommerode, rechts auf dem Bahndamm befand sich der Bahnhof Steinholz (Strecke 3920, fotografiert im Juni 2014 von Wikipedia-User Feuermond16, Lizenz CC BY-SA 3.0)

Ausschnitt aus Streckenkarte der BD Kassel von 1945 / 1955 (Sammlung Eisenbahnfreunde Kassel e.V.)
Aus der Sammlung der Eisenbahnfreunde Kassel e.V.

Der Pendant zu diesen Zügen war in den 1950er bis in die 1970er Jahren die leich­ten Schienenbusse der Baureihe VT 95, die genauso den Betrieb der Per­so­nenbeförderung günstig und rentabler gemacht haben.

Links: Preußische Gepäcklokomotive um 1900; rechts: Preußische T 0 um die Jahrhundertwende. Beide Lokomotiven wurden vor Omnibuszügen eingesetzt (Wikipedia – Fotografen unbekannt – Gemeinfrei)
Links: Preußische Gepäcklokomotive um 1900; rechts: Preußische T 0 um die Jahrhundertwende. Beide Lokomotiven wurden vor Omnibuszügen ein­ge­setzt (Wikipedia – Fotografen unbekannt – Gemeinfrei)

Der Aufschwung kommt!

Doch mit dem seit 30 Jahren (seit 1854) erhofften Bahnanschluss in Groß­almerode und der mit als Sekundärbahn (untergeordnete Nebenbahn) be­zeich­nete Strecke 1884 endlich in Erfüllung ging, wurde diese von der Stadt zu Recht nur als bloßer Notbehelf empfunden. Die Stadt war mit dieser An­bin­dung nicht so richtig zufrieden und konnte es angesichts ihrer indus­triellen Be­deu­tung auch nicht sein. So ist es nur zu verständlich, dass man von Sei­ten der Großalmeröder immer wieder eine Bahnverbindung durch das Gel­ster­tal nach Eichenberg und dort einen Anschluss an die Haupt­strecken Halle – Kassel und Hannover – Frankfurt forderte. Über die jetzige Strecke musste in Wal­burg, Kassel oder Niederhone (heute Eschwege West) eventuell um­gehangen oder umgeladen werden, was höhere Frachtkosten und mehr Zeit ver­ursachte.

Großalmerode West um 1920, man achte auf die Schreibweise am Gebäude, wobei das »West« noch sehr neu aussieht (Wikipedia-User Hermann Nobel, Lizenz CC BY-SA 4.0)
Großalmerode West um 1920, man achte auf die Schreibweise am Gebäude, wobei das »West« noch sehr neu aussieht
(Wikipedia-User Hermann Nobel, Lizenz CC BY-SA 4.0)


In Voraussicht auf eine Eisenbahn nach Groß­almerode haben die Kohlen­werke am Meißner schon 1880 eine Brems­bahn von Bransrode nach Lauden­bach errichtet. Doch dort kam die Bahn aber nicht hin. Am Bahnhof Rom­me­rode ging im März 1884 der Kohle­bunker inklusiv Draht­seilbahn der Zeche Marie in Betrieb. Zwei Jahre später wurde zusätzlich noch eine Brikettfabrik in Betrieb genommen, doch die Braunkohle der Zeche eignete sich nicht so gut zum Pressen, wie gedacht, so dass die Fabrik in 1900 ihren Betrieb ein­stellte. Eine Zementfabrik wollte dafür in Rommerode eröffnen, um die Kohle, die sich nicht für die Briketts eignete zum Brennen von Zement zu verwenden. Doch dieses Projekt kam irgendwie nicht zustande. In 1885 und 1907 gingen die neu errichteten Drahtseilbahnen zum Kohlebunker am Bahnhof Groß­almerode der Gruben Hirschberg (bis 1909) und Johanneswiese in Betrieb. In der Nähe des Bahnhofs Epterode wurde 1913 ein Förderschacht geteuft. Eine Kohlebunker mit Aufbereitung wurde errichtet, doch eine direkte Bahn­ver­ladung war hier nicht möglich. Es musste die Kohle erst in Loren verladen werden, um diese dann mit Muskelkraft zu den Bahnwaggons zu schieben, um dort umzuladen oder abzukippen. Um die Wichtigkeit der Bahn zu ver­stehen, schauen wir mal auf die Absatzzahlen, in Epterode und Groß­almerode wurden 1906 40.000 Tonnen gefördert, davon über 75 % (= 31.600 Tonnen) mit der Bahn gefahren. 1913 war die Fördermenge bereits auf über 100.000 Tonnen gestiegen. Anzunehmen ist hier, dass dann sogar 90 % mit der Bahn befördert wurden, denn der Absatz vor Ort wird sich wohl kaum merklich erhöht haben. Durch Verlagerung auf die Eisenbahn erhöhte sich die Transportgeschwindigkeit um das Fünffache, die Kosten senkten sich auf ein Achtel! Und die Menge, die verladen werden konnte, steigerte sich um ein Vielfaches.

Neubau des Kohlebunker am Bahnhof Epterode 1927 (Sammlung Stefan Bauer)
Neubau des Kohlebunker am Bahnhof Epterode 1927
(Sammlung Stefan Bauer)


Die große Menge der zu förderten Kohle machte 1927 einen Neubau des Kohle­bunkers am Bahnhof Epterode notwendig. Der Kohlebunker der Zeche Faulbach ging am 1. Januar 1928 in Betrieb. Jetzt konnte direkt aus dem Bunker heraus auf die Bahnwaggons verladen werden. Am Bahnhof Groß­almerode West war bis März 1955 ein hölzerner Kohlebunker, dieser ist ab­ge­brannt. Jedoch war bereits seit Dezember 1954 ein neuer Bunker in Betrieb, der über eine Drahtseilbahn Braunkohle von der schon bekannten Zeche Jo­han­nes­wiese erhielt und zwar bis September 1966. Durch diesen neuen Bun­ker wurde die Seilbahn nach Fürstenhagen und dessen Kohlebunker über­flüssig.

Am 19. Mai 1888 wird Güterladestelle Rommerode versuchsweise als Per­so­nen­halte­punkt eröffnet, ab 20. Juni dann offiziell. Die versuchsweise Eröffnung soll­te im Falle einer unzureichenden Verkehrsentwicklung wieder zu­rück­ge­nommen werden. Knapp 6 Jahre später wird am 1. Mai 1896 der neu ein­ge­richtete Personenhaltepunkt Velmeden dem Verkehr übergeben. Mit der Neueröffnung der Gelstertalbahn 1915 bekam Velmeden ein massives Sta­tions­gebäude. Mit der neuen Strecke von Velmeden über Großalmerode Ost nach Eichenberg wurde der seit über 30 Jahren bestehende Bahnhof in Großalmerode zum 1. Juli 1916 als Großalmerode West umbenannt.

Die dunkle Seite

Mit den Nationalsozialisten kam noch Erweiterung der Bahnanlagen, doch nicht an den Bahnhöfen, sondern auf freier Strecke wurde um 1936 ein neuer Abzweig-/Übergabebahnhof gebaut. Dieser Bahnhof Steinholz war An­fangs­punkt der Ringbahn für die Sprengstofffabrik »Friedland«, die hier Gü­ter­bahn­hof in der Versendung und Annahme für Waren war. Hier wurden Unmengen an Material umgeschlagen von Kohle, Grundstoffen zur Herstellung von Mu­ni­tion und Metallhülsen. In Steinholz wurden die Waggons von den Dampfloks ab­ge­stellt, um dann für den weiteren Transport innerbetrieblich von Dampf­speicher­loks an ihren Bestimmungsort gebracht zu werden. Um den ge­fahr­losen Transport zu gewährleisten, waren hier nur feuerlose Dampf­speicher­loks zugelassen. Bei normalen Dampfloks kam es beim Rauchausstoß immer wie­der zum Funkenflug, der in der Sprengstofffabrik zur Katas­trophe einer Ex­plo­sion geführt hätte. Um das Ausmaß einer Explosion deutlich zu machen, ist die Katastrophe von Waldkappel, bei der nach Beschuss eines Munitionszuges der komplette Bahnhof von der Bildfläche verschwunden sowie die Stadt schwer verwüstet war. Dort fanden mindestens 17 Menschen den Tod.

Bahnhof Steinholz im Jahr 2003, heute umgebaut und privat (Foto: Reiner Schruft)
Bahnhof Steinholz im Jahr 2003, heute umgebaut und privat
(Foto: Reiner Schruft)


Der langsame Niedergang:

Zum Kriegsende ruhten hier, wie auf allen anderen Strecken im gesamten Reichsgebiet, erst einmal der gesamte Schienenverkehr sowie auch alle an­deren Arbeiten. Veranlasst durch die Besatzungsmächte, die jetzt das Sagen hat­ten. Doch bereits ein Tag später förderte die Zeche Johanneswiese bereits wieder Kohle, um Großalmerode mit Strom zu versorgen. Wahrscheinlich wurde der Eisenbahnbetrieb wieder Mitte Mai 1945 aufgenommen, bekannt ist dieses aber nicht.

Erste Einsparungen gab es auf der Strecke bereits schon ein paar Jahre nach dem ersten Weltkrieg. Auf der Strecke wurde teilweise in den späten 1920er Jahren die Schranken abgebaut, um Personalkosten zu sparen, doch durch den immer mehr stark zunehmenden Verkehr nach dem 2.Weltkrieg und einem Zusammenstoß eines Lkws mit einem Güterzug, erfolgte in den 1960er Jahren dann die Montage einer Blinklichtanlage, um den Autofahrern die Annäherung eines Zuges mitzuteilen. Ab 1928 Rommerode als Haltepunkt nicht mehr be­setzt, der Fahrkartenverkauf, der zuerst bei der versuchsweisen Eröffnung vom Zugführer übernommen wurde, wurde später dann von einem Be­diensteten vor Ort erledigt.
Bis etwa zum Mitte/Ende der 1960er Jahre gab es auf der Strecke folgende Stationen, Velmeden war Abzweig- bzw. Trennungsbahnhof der Strecken nach Großalmerode West und Ost (Gelstertalbahn). Steinholz war, wie schon geschrieben ein Abzweig-/Übergabebahnhof zur Sprengstofffabrik, nach 1945 dann zum neugegründeten Industriegebiet Hirschhagen, Rommerode ein Haltepunkt mit An­schlussgleisen der Verladung von der Zeche Marie und zur Industrie, Epterode ein Bahnhof mit Anschluss zur Braun­kohle­verladung, weiter auf der Strecke noch ein An­schluss­gleis zur Schamottefabrik Göbel und dann der End-/Kopfbahnhof Großalmerode West, der jahrelang auch eine kleine Lok­station war mit zwei­stän­digen Lok­schuppen mit Kohle­bansen und Wasser­kran. Hier waren zwei Anschlüsse für die Verladung, einerseits die Braun­kohle­verladung der Zeche Johanneswiese bzw. Hirschberg und dann die der Groß­almeröder Tonwerke.

Bei einem Feuer wurde das Stationsgebäude von Velmeden am 14. April 1945 zerstört, wobei die Ursache unbekannt blieb, der Aufbau erfolgte erst 6 Jahre später. 1956 wurde der Bahnhof, der bis dahin selbstständig war, Wal­burg unterstellt und 1973 unbesetzt und das Gebäude an Privat verkauft. Der für Kriegszwecke gebaute Bahnhof Steinholz war zwischenzeitlich »friedlicher« Abzweigbahnhof, jetzt für die zum Industriegebiet benannte Ortschaft Hirsch­hagen, jedoch auch nur noch bis 1959 mit Personal besetzt. Heute auch im Privatbesitz.

Güterverkehr boomte zeitweise, Personenverkehr stagnierte:

Obwohl die Strecke im Güterverkehr der Bundesbahn guten Gewinn ein­brachte, so hatte Epterode bis 1965 ein höheres Güteraufkommen als Bahnhof Eschwege und die Strecke brachte nach einer Rentabilitäts­rechnung Ende 1960er Jahre jährlich ½ Million DM Gewinn ein, doch im Per­so­nen­zug­geschäft war sie nicht rentabel. So kam es, dass die Bundesbahn den Per­so­nen­zug­ver­kehr zum 3. Juni 1973 eingestellt hat. Die Dienstvorsteher-Stelle wurde zwei Ta­ge vorher aufgehoben, ab 1975 werden die Ar­beiten auf den Bahnhöfen Ep­terode und Groß­almerode West nur noch von einem Be­­diensteten erledigt und ab 1. November 1977 werden beide Bahnhöfe geschlossen und die Ab­wick­lung der Güter­züge erfolgt durch die Rangierabteilung Bahnhof Wal­burg. Somit sind alle Bahn­höfe auf der Strecke Geschichte und zwischen­zeitlich in Pri­vat­besitz.

Doch nicht nur der Personen­verkehr stag­nierte, sondern auch im Güter­verkehr ging die Menge der zu ver­ladenen Waren weiter zurück. Stück­gut wurde immer öfters auf Lkws ver­laden anstatt auf Bahn­­waggons. Der Lkw war flexibler, fuhr bis ins Werk und konnte dort beladen werden, um die Ware von dort eventuell bis zum End­kunden zu bringen. Über die Bahn musste die Ware erst im Werk auf einen Lkw verladen, zum Bahn­hof gefahren, dort umgeladen werden in einen Waggon und dieser fuhr dann bestenfalls direkt zum Ziel­bahnhof, wo dort dann wieder die Ware in einen Lkw umgeladen wurde, um diese dann endlich zum End­kunden zu bringen. Diese Be­schrei­bung macht ersichtlich, warum die Bahn im Stück­gut­verkehr gegen­über dem Lkw den Güter­verkehr verloren hat.
Durch immer mehr auf die Straße verlagerten Güter­verkehr, wurde der Schie­nen­ver­kehr immer weniger, auch da­durch, dass es von Groß­almerode über Wicken­rode nach Kas­sel kürzer war, anstelle des Zuges, der über Wal­burg noch einen »Umweg« fuhr. So endete der Güter­verkehr in Groß­almerode West zum 1. September 1994. Die letzte Bastion im Ganzzug-Güterverkehr im gesamten Werra-Meißner-Kreis war noch Epterode. Durch Ein­stellung der Kohle­för­derung an der Zeche Hirsch­berg war auch die Ver­ladung am Kohle­bunker (früher als Faul­bach benannt) hinfällig. Am 13. Dezember 2002 fuhr der letzte beladene Güterzug in Epterode ab. Zwei Tage später wurde der Güter­verkehr offiziell eingestellt. Der eigentlich er­haltens­werte Kohlebunker der Zeche Hirsch­berg/Faul­bach wurde im Sommer darauf abgerissen.

Letzter Kohlezug auf der Strecke von Epterode nach Walburg bei der Verladung am Kohlebunker Hirschberg in Epterode am 13.12.2002 (Foto: Lars-Christian Uhlig)
Letzter Kohlezug auf der Strecke von Epterode nach Walburg bei der Ver­ladung am Kohle­bunker Hirsch­berg in Epterode am 13. Dezember 2002
(Foto: Lars-Christian Uhlig)


Und heute?

Heute ist die Strecke von der Natur zurückerobert und stark zugewachsen und die Bahnübergänge teilweise überasphaltiert, doch besteht für die Strecke (Hes­sisch Lichtenau –) Walburg – Epterode zwecks eventueller Reaktivierung (Stand 2022) Trassensicherung, das heißt, dass die Strecke immer wieder in Betrieb genommen werden kann und somit nicht anderweitig genutzt werden darf durch Be- oder Überbauung.

Nicht ausgeführte Planungen

Geplant war auch mal eine Straßenbahnlinie von Kassel über Hessisch Lichtenau hinaus nach Großalmerode. Doch die längere Fahrzeit über den »Streckenumweg« machte die Ausführung zunichte. Die damals gebaute Variante hat Großalmerode die Straßenbahn verwehrt. Über Helsa und Wicken­rode wäre sie wohl verwirklicht worden, da hier die Straßenbahn dem Individualverkehr Paroli geboten hätte. Doch andersrum, wie hätte es dann mit dem Kohlezug-Verkehr ausgesehen? Ein weiterer Plan war beide Bahnhöfe in Großalmerode zu verbinden, doch hier war ein Höhenunterschied zwischen beiden und lies diesen Plan nicht zustande kommen, denn diesen Unter­schied konnten die Lokomotiven damals nicht überwinden.