Walburg - Velmeden - Abzweig Steinholz - Großalmerode West
Die komplette Strecke zwischen Walburg und Großalmerode West befindet sich im Werra-Meißner-Kreis.
Wunsch nach einem Bahnanschluss:
Seit 1854 war für Großalmerode ein Bahnanschluss geplant, ob sich die Stadt schon früher bemühte, ist bis jetzt noch nicht bekannt, aber möglich, da es bereits 1839 erste Pläne einer Ost-West-Verbindung über Witzenhausen gab. Doch es blieb erst mal nur bei den Planungen, ein erster Anschluss an die »Eisenbahnwelt« rückte durch die Konzession der Halle-Casseler Bahn vom 19. Januar 1863 in greifbare Nähe. Doch dieses sollte nicht sein. Die Magdeburg-Köthen-Halle-Leipziger Eisenbahn-Gesellschaft, die für die Planung und den Bau der Strecke zuständig war, wollte wegen der aufwendigen Streckenführung Großalmerode nicht mit einbeziehen. Obwohl die frühere hessische Regierung den festen Willen hatte, die Strecke über Großalmerode zu führen, änderte sich dieses durch den verlorenen Krieg des Kurfürstentum Hessens gegen Preußen und deren Annexion. Also verzögerten sie den Bau, bis dass es nach langen Verhandlungen mit dem Staat Preußen 12 Kilometer nördlich an der Stadt vorbei ging. Anstatt wie geplant über Witzenhausen, Großalmerode und Helsa nach Kassel, ging es nun, wie es heute noch ist, über Witzenhausen und Hann. Münden nach Kassel.
Plan der Bahnstrecke über Großalmerode 1865 (aus geographisches und alphabetisches Stationsverzeichnis der Vereine Deutscher Eisenbahnverwaltung 1865, Sammlung Werra-Meißner-Bahnen)
Aber wieso war Großalmerode und auch Preußen die Bahn so wichtig?
Großalmerode war ein aufstrebender Industriestandort durch den Ton-Abbau, die Herstellung von Schmelztiegeln und technischer Keramik. Erst 1775 bekam es die Stadtrechte verliehen, was auch die Wichtigkeit betonte. Eine Zeit lang war die Stadt bekannter als Kassel, hier gab es sogar die Bezeichnung Kassel bei Großalmerode. Um mal die Güter aufzuzeigen, die von und nach Großalmerode gingen, waren das neben den bereits aufgeführten, noch Tonröhren, Schamottesteine, Kohlen, Ziegeln, Töpferwaren, Basaltsteine und Kalk, sowie Holz, Eisen, Leder, Wolle und weiteres mehr. Der Umschlag der Waren allein im Jahre 1872 betrug 934.465 Zentner, was 46.723 Tonnen entspricht. Rechnet man das in Güterzüge um, dann sind das 60 Güterzüge mit jeweils 30 zweiachsigen Güterwagen. Das hört sich vielleicht auf den ersten Blick nicht soviel an, doch sollte man bedenken, dass damals alles mit Pferde- und Ochsengespannen gefahren wurde Über Straßen, die meistens unbefestigt, bei Regen schlammig und aufgeweicht und nur selten gepflastert waren. Und wenn man dann noch maximal 1000 kg pro Karren annimmt, dann kann man verstehen, warum Großalmerode einen Bahnanschluss wollte. Über 46 Tausend Karren mit Material über zig Kilometer zum Kunden oder zum nächsten Bahnhof nach Witzenhausen oder sogar nach Kassel!
Die Eisenbahn rückt in greifbare Nähe:
Trotz alledem bemühte sich die Stadt weiterhin einen Bahnanschluss zu erhalten. Erst durch den Bau der militärstrategischen Berlin-Coblenzer Eisenbahn über Leinefelde, Eschwege und Waldkappel nach Malsfeld und Treysa und dessen Verbindungsbahn der Cassel-Waldkappeler Eisenbahn über Walburg rückte ein Bahnanschluss für Großalmerode wieder in greifbare Nähe. Doch immer war noch keine Genehmigung für den Bau einer Eisenbahn nach Großalmerode erteilt. Zwischenzeitlich waren noch die Eröffnungen der beiden oben genannten Bahnstrecken von Eschwege über Niederhone, Waldkappel nach Malsfeld am 15. Mai 1879 und der Strecke zwischen Waldkappel über Walburg direkt vor der »Haustür« nach Bettenhausen am 1. Dezember 1879. Es musste scheinbar erst mit dem Erhalt der Industrie geworben werden, so dass am 9. März 1880 endlich das Gesetz zum Bau der Sekundärbahn von Walburg nach Großalmerode erlassen wurde. Neben der Stadt hat auch der Oberpräsident der Stadt Kassel dafür geworben, dass die königliche Staatsregierung endlich den Zeitpunkt für gekommen sah, die Industrie der Stadt Großalmerode mit direkten Schienenanschluss an das allgemeine Bahnnetz anzuschließen.
Diese für Großalmerode so wichtige Bahnstrecke war für die Stadt der Lückenschluss. Die Möglichkeit von Bettenhausen sogar zum Kassel Hauptbahnhof war bereits nur wenige Tage nach dem Erlass am 15. März 1880 vorhanden. Nun fehlte nur noch die viel ersehnte Strecke nach Großalmerode.
Bahnhof Großalmerode West um 1910
(Postkarte, Sammlung Werra-Meissner-Bahnen)
In der Planungsphase wurden zwischenzeitlich zwei Streckenverläufe favorisiert, wie man von Kassel nach Großalmerode fahren sollte. Zum Ersten eine Strecke von etwa 7 km Länge von der »Waldkappeler Bahn« in Helsa abzweigend über Wickenrode nach Großalmerode, die jedoch den Pfaffenberg mit einem Tunnel von etwa einem Kilometer durchqueren musste. Die zweite Planung sah ein Abzweig in Walburg vor, dort nach Norden an Velmeden vorbei, weiter nach Rommerode, danach die Wasserscheide zwischen Werra und Fulda mit einer Steigung von 1 : 50 erklimmend den Ort Epterode erreicht und nun in einem Gefälle von 1 : 40 ins Tal nach Großalmerode hinab führt, um dort an der Straße von Helsa zu enden. Die ausführliche Beschreibung der zweiten Planung lässt es schon ahnen, diese wurde ausgeführt. Bei der Ersten, die zwar kürzer war, wäre der Bau aber wesentlich aufwendiger geworden, da das Gelände höhere Anforderungen an diesen gestellt hätte. Auch wenn die Streckenlänge von Helsa nach Großalmerode mit der zweiten Variante dreimal so lang war, so war doch der gesamte Neubauabschnitt nur lediglich knapp einen Kilometer mehr, da der Abzweigbahnhof hierfür anstelle Helsa nun Walburg war. Der Aufwand und die Kosten für die kürzere Strecke wären wahrscheinlich unverhältnismäßig hoch gewesen, weswegen man sich für die Strecke über Walburg entschied.
Doch mit diesem Erlass kam eine der preußischen Tugenden zu Wort, es solle auf sparsamster Weise der Bau und Betrieb der Bahn eingerichtet werden. Wobei auch das Terrain, also die Grundstücke, die die Bahn zum Betrieb benötigt für Trasse und Bahnhöfe, unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Die Gesamtkosten wurden auf 673.000 Mark veranschlagt, obwohl die Bahn nur eine Länge von 8 km hat. Die für damals hohen Kosten kamen zusammen durch die ungünstige Beschaffenheit des Geländes. Große Erdarbeiten und Brückenbauten würden die Kosten hochtreiben, obwohl schon stärkste Steigungen und engste Kurven in der Planung einbezogen sind, die die Kosten eigentlich senken. Trotz alledem bleibt nach Berechnung die Sicherheit immer gewährleistet. Die Gesamtsumme wurde dann noch um 14.000 Mark auf 687.000 Mark erhöht, um Großalmerode den erhöhten Aufwand zur unentgeltlichen Beschaffung von Grundstücken zu erleichtern. Die Stadt musste das komplette Areal in ihrer Gemarkung für Trasse und Bahnhofsgelände zur Verfügung stellen. Die anderen Ortschaften mussten nur zusätzliche Fläche zur Herstellung eines Haltepunktes bereitstellen, was in dem Fall erstmal nur Epterode war.
Trotz Rückschlag doch schon Teilbetrieb:
»In wenigen Wochen beginnt der Bau der Eisenbahn«, so schrieb es das Witzenhäuser Kreisblatt am 4. Juli 1882. Leider ist noch nicht bekannt, wann es los ging, vermutlich im August 1882. Dem Baufortschritt und somit einer geplanten Eröffnung im Frühjahr 1883 machte eine häufig wiederkehrende Rutschung des Terrains auf 150 Meter die Herstellung der Trasse zwischen Epterode und Großalmerode zunichte. Die Abhilfe durch Anlegen von Entwässerungsstollen ging auch nur schleppend voran, da die Bodenbeschaffenheit hier sehr »schlecht« war durch Treibsand und nasse Tonlager. Durch diesen Rückschlag verzögerte sich die Gesamteröffnung um fast ein Jahr und das Budget wurde massiv überschritten. Es musste ein Nachtragsbewilligung zur Deckung der Mehrkosten von 120.000 Mark im Gesetz beschlossen werden, welches erst am 4. April 1884 nach! der Eröffnung der Bahnstrecke verabschiedet wurde.
Trotz allem wurde die Bahnstrecke von Walburg bis Epterode soweit fertiggestellt, dass hier Züge fahren konnten und zum 27. März 1883 eröffnet. Doch für diese Teilstrecke von 6,1 km wurde der Betrieb vorübergehend nur für den Güterverkehr in Wagenladungen erteilt. Das hört sich zunächst egoistisch an, doch wurden in Epterode schon große Mengen an Schmelztiegel, Tonwaren und Braunkohle hergestellt und verladen.
Als Beispiel mal das Jahr 1866: Hier wurden Waren von 7.500 Zentner Ton- und Kieselerde und 210 Klafter á 150 Kubikfuß Brennholz (entspricht annähernd 975 m³) verarbeitet. Die Tiegel gingen in allen Herren Länder, 205 Beschäftigte nur in Epterode haben 120.800 Zentner Tonwaren, sowie 112.000 Zentner roher Ton hergestellt und verladen.
Weiterhin kamen jetzt auch bestimmt die Waren aus Großalmerode dazu, die auch nicht unerheblich waren. Der Personenzugverkehr war hier zunächst zweitrangig. Die eigentlich nur zuerst als Personenzughalt vorgesehene Haltestelle Epterode wurde mit der Terrainrutschung und der damit verbundenen verschobenen Eröffnungstermin als Güterverkehrsstelle in Betrieb genommen, um Waren aus Großalmerode auf die Bahn zu bringen. Mit Inbetriebnahme einer Tonwarenfabrik in der Nähe sollte Epterode den Güterverkehr behalten. Eine Güterhalle wurde nun angebaut und ein Dienstwohngebäude errichtet, in welchem die Stationsbeamten Unterkunft haben sollten, da die Entfernung zum Ort und Möglichkeit zur Unterbringung dort ungünstig gewesen ist.
Fahrplan 1884 (aus Amtsblatt der königlichen Regierung zu Kassel 1884)
Endlich ist Großalmerode am Eisenbahnnetz:
Nach Beseitigung aller Schwierigkeiten und Fertigstellung wurde diese 1,88 km lange Reststrecke mit einer großen Feier landespolizeilich am 19. Januar 1884 abgenommen. Am 1. Februar wurde diese dann von Epterode nach Großalmerode endlich offiziell in Betrieb genommen und damit auch der Personen-, Gepäck- und Viehverkehr auf der Gesamtstrecke von nunmehr 7,95 km eröffnet. Somit waren auf der Strecke von Walburg nach Großalmerode, in Epterode und Großalmerode Personenzughalte- und Güterladestellen, sowie in Rommerode eine Güterladestelle. Diese Eröffnung hatte auch negative Auswirkungen und zwar auf die Personenbeförderung mit der Postkutsche. Diese wurde auf der Route Helsa – Großalmerode zum 31. Januar eingestellt.
Kaum nach der kompletten Inbetriebnahme der Strecke kam es schon dazu, dass von den gemischten Zügen (GmP = Güterzug mit Personenbeförderung) teilweise Abstand genommen wurde. Wahrscheinlich da das Rangieren an den Bahnhöfen zu einem zu langen Aufenthalt geführt hat, welches den Fahrgästen bei Fahrten zum Arbeitsplatz zu viel Zeit genommen hat. Deswegen wurden dann zwei Züge je Richtung umgewandelt von GmP in Omnibuszüge. Das heißt, es wurde reine leichte und kurze Personenzüge gefahren, die keine Güter beförderten.
Aus »Anlagen zu den Stenographischen Berichten über die Verhandlungen des Hauses der Abgeordneten während der 2.Session der 16. Legislaturperiode. 1887«
Für diese Züge wurden zuerst ältere B-gekuppelte Maschinen genutzt, die aber anderweitig beim Rangierdienst fehlten, somit wurden eigens dafür neue ungekuppelte 1-A Lokomotiven beschafft, die nur noch auf einer Achse angetrieben wurden, sowie eine Laufachse hatten. Diese Loks sollten die Züge aus vier bis fünf leichten Personenwagen mit 50 bis 60 km/h befördern. Die Betriebskosten konnten durch den Einsatz dieser Maschinen um die Hälfte gesenkt werden, da sie zum Teil auch nur mit einem Bediensteten besetzt war. Die Omnibuslokomotiven waren teilweise mit einem durch ein Geländer geschütztes Umlaufblech mit Übergangsbrücken versehen, wodurch sie auch vom Zug aus zugänglich waren. Dies war erforderlich, da bei einmänniger Besetzung der Lokomotive der Zugbegleiter während der Fahrt auf die Lokomotive gelangen konnte und so notfalls den Zug zum Stillstand bringen konnte. Wie lange die Omnibuszüge im Einsatz waren ist bis jetzt unbekannt, doch waren die 1-A Lokomotiven spätestens 1922 alle ausgemustert, also aus dem Betrieb ausgeschieden.
Aus der Sammlung der Eisenbahnfreunde Kassel e.V.
Der Pendant zu diesen Zügen war in den 1950er bis in die 1970er Jahren die leichten Schienenbusse der Baureihe VT 95, die genauso den Betrieb der Personenbeförderung günstig und rentabler gemacht haben.
Links: Preußische Gepäcklokomotive um 1900; rechts: Preußische T 0 um die Jahrhundertwende. Beide Lokomotiven wurden vor Omnibuszügen eingesetzt (Wikipedia – Fotografen unbekannt – Gemeinfrei)
Der Aufschwung kommt!
Doch mit dem seit 30 Jahren (seit 1854) erhofften Bahnanschluss in Großalmerode und der mit als Sekundärbahn (untergeordnete Nebenbahn) bezeichnete Strecke 1884 endlich in Erfüllung ging, wurde diese von der Stadt zu Recht nur als bloßer Notbehelf empfunden. Die Stadt war mit dieser Anbindung nicht so richtig zufrieden und konnte es angesichts ihrer industriellen Bedeutung auch nicht sein. So ist es nur zu verständlich, dass man von Seiten der Großalmeröder immer wieder eine Bahnverbindung durch das Gelstertal nach Eichenberg und dort einen Anschluss an die Hauptstrecken Halle – Kassel und Hannover – Frankfurt forderte. Über die jetzige Strecke musste in Walburg, Kassel oder Niederhone (heute Eschwege West) eventuell umgehangen oder umgeladen werden, was höhere Frachtkosten und mehr Zeit verursachte.
Großalmerode West um 1920, man achte auf die Schreibweise am Gebäude, wobei das »West« noch sehr neu aussieht
(Wikipedia-User Hermann Nobel, Lizenz CC BY-SA 4.0)
In Voraussicht auf eine Eisenbahn nach Großalmerode haben die Kohlenwerke am Meißner schon 1880 eine Bremsbahn von Bransrode nach Laudenbach errichtet. Doch dort kam die Bahn aber nicht hin. Am Bahnhof Rommerode ging im März 1884 der Kohlebunker inklusiv Drahtseilbahn der Zeche Marie in Betrieb. Zwei Jahre später wurde zusätzlich noch eine Brikettfabrik in Betrieb genommen, doch die Braunkohle der Zeche eignete sich nicht so gut zum Pressen, wie gedacht, so dass die Fabrik in 1900 ihren Betrieb einstellte. Eine Zementfabrik wollte dafür in Rommerode eröffnen, um die Kohle, die sich nicht für die Briketts eignete zum Brennen von Zement zu verwenden. Doch dieses Projekt kam irgendwie nicht zustande. In 1885 und 1907 gingen die neu errichteten Drahtseilbahnen zum Kohlebunker am Bahnhof Großalmerode der Gruben Hirschberg (bis 1909) und Johanneswiese in Betrieb. In der Nähe des Bahnhofs Epterode wurde 1913 ein Förderschacht geteuft. Eine Kohlebunker mit Aufbereitung wurde errichtet, doch eine direkte Bahnverladung war hier nicht möglich. Es musste die Kohle erst in Loren verladen werden, um diese dann mit Muskelkraft zu den Bahnwaggons zu schieben, um dort umzuladen oder abzukippen. Um die Wichtigkeit der Bahn zu verstehen, schauen wir mal auf die Absatzzahlen, in Epterode und Großalmerode wurden 1906 40.000 Tonnen gefördert, davon über 75 % (= 31.600 Tonnen) mit der Bahn gefahren. 1913 war die Fördermenge bereits auf über 100.000 Tonnen gestiegen. Anzunehmen ist hier, dass dann sogar 90 % mit der Bahn befördert wurden, denn der Absatz vor Ort wird sich wohl kaum merklich erhöht haben. Durch Verlagerung auf die Eisenbahn erhöhte sich die Transportgeschwindigkeit um das Fünffache, die Kosten senkten sich auf ein Achtel! Und die Menge, die verladen werden konnte, steigerte sich um ein Vielfaches.
Neubau des Kohlebunker am Bahnhof Epterode 1927
(Sammlung Stefan Bauer)
Die große Menge der zu förderten Kohle machte 1927 einen Neubau des Kohlebunkers am Bahnhof Epterode notwendig. Der Kohlebunker der Zeche Faulbach ging am 1. Januar 1928 in Betrieb. Jetzt konnte direkt aus dem Bunker heraus auf die Bahnwaggons verladen werden. Am Bahnhof Großalmerode West war bis März 1955 ein hölzerner Kohlebunker, dieser ist abgebrannt. Jedoch war bereits seit Dezember 1954 ein neuer Bunker in Betrieb, der über eine Drahtseilbahn Braunkohle von der schon bekannten Zeche Johanneswiese erhielt und zwar bis September 1966. Durch diesen neuen Bunker wurde die Seilbahn nach Fürstenhagen und dessen Kohlebunker überflüssig.
Am 19. Mai 1888 wird Güterladestelle Rommerode versuchsweise als Personenhaltepunkt eröffnet, ab 20. Juni dann offiziell. Die versuchsweise Eröffnung sollte im Falle einer unzureichenden Verkehrsentwicklung wieder zurückgenommen werden. Knapp 6 Jahre später wird am 1. Mai 1896 der neu eingerichtete Personenhaltepunkt Velmeden dem Verkehr übergeben. Mit der Neueröffnung der Gelstertalbahn 1915 bekam Velmeden ein massives Stationsgebäude. Mit der neuen Strecke von Velmeden über Großalmerode Ost nach Eichenberg wurde der seit über 30 Jahren bestehende Bahnhof in Großalmerode zum 1. Juli 1916 als Großalmerode West umbenannt.
Die dunkle Seite
Mit den Nationalsozialisten kam noch Erweiterung der Bahnanlagen, doch nicht an den Bahnhöfen, sondern auf freier Strecke wurde um 1936 ein neuer Abzweig-/Übergabebahnhof gebaut. Dieser Bahnhof Steinholz war Anfangspunkt der Ringbahn für die Sprengstofffabrik »Friedland«, die hier Güterbahnhof in der Versendung und Annahme für Waren war. Hier wurden Unmengen an Material umgeschlagen von Kohle, Grundstoffen zur Herstellung von Munition und Metallhülsen. In Steinholz wurden die Waggons von den Dampfloks abgestellt, um dann für den weiteren Transport innerbetrieblich von Dampfspeicherloks an ihren Bestimmungsort gebracht zu werden. Um den gefahrlosen Transport zu gewährleisten, waren hier nur feuerlose Dampfspeicherloks zugelassen. Bei normalen Dampfloks kam es beim Rauchausstoß immer wieder zum Funkenflug, der in der Sprengstofffabrik zur Katastrophe einer Explosion geführt hätte. Um das Ausmaß einer Explosion deutlich zu machen, ist die Katastrophe von Waldkappel, bei der nach Beschuss eines Munitionszuges der komplette Bahnhof von der Bildfläche verschwunden sowie die Stadt schwer verwüstet war. Dort fanden mindestens 17 Menschen den Tod.
Bahnhof Steinholz im Jahr 2003, heute umgebaut und privat
(Foto: Reiner Schruft)
Der langsame Niedergang:
Zum Kriegsende ruhten hier, wie auf allen anderen Strecken im gesamten Reichsgebiet, erst einmal der gesamte Schienenverkehr sowie auch alle anderen Arbeiten. Veranlasst durch die Besatzungsmächte, die jetzt das Sagen hatten. Doch bereits ein Tag später förderte die Zeche Johanneswiese bereits wieder Kohle, um Großalmerode mit Strom zu versorgen. Wahrscheinlich wurde der Eisenbahnbetrieb wieder Mitte Mai 1945 aufgenommen, bekannt ist dieses aber nicht.
Erste Einsparungen gab es auf der Strecke bereits schon ein paar Jahre nach dem ersten Weltkrieg. Auf der Strecke wurde teilweise in den späten 1920er Jahren die Schranken abgebaut, um Personalkosten zu sparen, doch durch den immer mehr stark zunehmenden Verkehr nach dem 2.Weltkrieg und einem Zusammenstoß eines Lkws mit einem Güterzug, erfolgte in den 1960er Jahren dann die Montage einer Blinklichtanlage, um den Autofahrern die Annäherung eines Zuges mitzuteilen. Ab 1928 Rommerode als Haltepunkt nicht mehr besetzt, der Fahrkartenverkauf, der zuerst bei der versuchsweisen Eröffnung vom Zugführer übernommen wurde, wurde später dann von einem Bediensteten vor Ort erledigt.
Bis etwa zum Mitte/Ende der 1960er Jahre gab es auf der Strecke folgende Stationen, Velmeden war Abzweig- bzw. Trennungsbahnhof der Strecken nach Großalmerode West und Ost (Gelstertalbahn). Steinholz war, wie schon geschrieben ein Abzweig-/Übergabebahnhof zur Sprengstofffabrik, nach 1945 dann zum neugegründeten Industriegebiet Hirschhagen, Rommerode ein Haltepunkt mit Anschlussgleisen der Verladung von der Zeche Marie und zur Industrie, Epterode ein Bahnhof mit Anschluss zur Braunkohleverladung, weiter auf der Strecke noch ein Anschlussgleis zur Schamottefabrik Göbel und dann der End-/Kopfbahnhof Großalmerode West, der jahrelang auch eine kleine Lokstation war mit zweiständigen Lokschuppen mit Kohlebansen und Wasserkran. Hier waren zwei Anschlüsse für die Verladung, einerseits die Braunkohleverladung der Zeche Johanneswiese bzw. Hirschberg und dann die der Großalmeröder Tonwerke.
Bei einem Feuer wurde das Stationsgebäude von Velmeden am 14. April 1945 zerstört, wobei die Ursache unbekannt blieb, der Aufbau erfolgte erst 6 Jahre später. 1956 wurde der Bahnhof, der bis dahin selbstständig war, Walburg unterstellt und 1973 unbesetzt und das Gebäude an Privat verkauft. Der für Kriegszwecke gebaute Bahnhof Steinholz war zwischenzeitlich »friedlicher« Abzweigbahnhof, jetzt für die zum Industriegebiet benannte Ortschaft Hirschhagen, jedoch auch nur noch bis 1959 mit Personal besetzt. Heute auch im Privatbesitz.
Güterverkehr boomte zeitweise, Personenverkehr stagnierte:
Obwohl die Strecke im Güterverkehr der Bundesbahn guten Gewinn einbrachte, so hatte Epterode bis 1965 ein höheres Güteraufkommen als Bahnhof Eschwege und die Strecke brachte nach einer Rentabilitätsrechnung Ende 1960er Jahre jährlich ½ Million DM Gewinn ein, doch im Personenzuggeschäft war sie nicht rentabel. So kam es, dass die Bundesbahn den Personenzugverkehr zum 3. Juni 1973 eingestellt hat. Die Dienstvorsteher-Stelle wurde zwei Tage vorher aufgehoben, ab 1975 werden die Arbeiten auf den Bahnhöfen Epterode und Großalmerode West nur noch von einem Bediensteten erledigt und ab 1. November 1977 werden beide Bahnhöfe geschlossen und die Abwicklung der Güterzüge erfolgt durch die Rangierabteilung Bahnhof Walburg. Somit sind alle Bahnhöfe auf der Strecke Geschichte und zwischenzeitlich in Privatbesitz.
Doch nicht nur der Personenverkehr stagnierte, sondern auch im Güterverkehr ging die Menge der zu verladenen Waren weiter zurück. Stückgut wurde immer öfters auf Lkws verladen anstatt auf Bahnwaggons. Der Lkw war flexibler, fuhr bis ins Werk und konnte dort beladen werden, um die Ware von dort eventuell bis zum Endkunden zu bringen. Über die Bahn musste die Ware erst im Werk auf einen Lkw verladen, zum Bahnhof gefahren, dort umgeladen werden in einen Waggon und dieser fuhr dann bestenfalls direkt zum Zielbahnhof, wo dort dann wieder die Ware in einen Lkw umgeladen wurde, um diese dann endlich zum Endkunden zu bringen. Diese Beschreibung macht ersichtlich, warum die Bahn im Stückgutverkehr gegenüber dem Lkw den Güterverkehr verloren hat.
Durch immer mehr auf die Straße verlagerten Güterverkehr, wurde der Schienenverkehr immer weniger, auch dadurch, dass es von Großalmerode über Wickenrode nach Kassel kürzer war, anstelle des Zuges, der über Walburg noch einen »Umweg« fuhr. So endete der Güterverkehr in Großalmerode West zum 1. September 1994. Die letzte Bastion im Ganzzug-Güterverkehr im gesamten Werra-Meißner-Kreis war noch Epterode. Durch Einstellung der Kohleförderung an der Zeche Hirschberg war auch die Verladung am Kohlebunker (früher als Faulbach benannt) hinfällig. Am 13. Dezember 2002 fuhr der letzte beladene Güterzug in Epterode ab. Zwei Tage später wurde der Güterverkehr offiziell eingestellt. Der eigentlich erhaltenswerte Kohlebunker der Zeche Hirschberg/Faulbach wurde im Sommer darauf abgerissen.
Letzter Kohlezug auf der Strecke von Epterode nach Walburg bei der Verladung am Kohlebunker Hirschberg in Epterode am 13. Dezember 2002
(Foto: Lars-Christian Uhlig)
Und heute?
Heute ist die Strecke von der Natur zurückerobert und stark zugewachsen und die Bahnübergänge teilweise überasphaltiert, doch besteht für die Strecke (Hessisch Lichtenau –) Walburg – Epterode zwecks eventueller Reaktivierung (Stand 2022) Trassensicherung, das heißt, dass die Strecke immer wieder in Betrieb genommen werden kann und somit nicht anderweitig genutzt werden darf durch Be- oder Überbauung.
Nicht ausgeführte Planungen
Geplant war auch mal eine Straßenbahnlinie von Kassel über Hessisch Lichtenau hinaus nach Großalmerode. Doch die längere Fahrzeit über den »Streckenumweg« machte die Ausführung zunichte. Die damals gebaute Variante hat Großalmerode die Straßenbahn verwehrt. Über Helsa und Wickenrode wäre sie wohl verwirklicht worden, da hier die Straßenbahn dem Individualverkehr Paroli geboten hätte. Doch andersrum, wie hätte es dann mit dem Kohlezug-Verkehr ausgesehen?
Ein weiterer Plan war beide Bahnhöfe in Großalmerode zu verbinden, doch hier war ein Höhenunterschied zwischen beiden und lies diesen Plan nicht zustande kommen, denn diesen Unterschied konnten die Lokomotiven damals nicht überwinden.