[Eschwege -] Schwebda - Treffurt [-Wartha] (Treffurter Bahn / Botenlieschen / Werratalbahn / Werratal-Eisenbahn)
Die Strecke zwischen Schwebda und Heldra befindet sich im Werra-Meißner-Kreis.
Wunsch und Planung:
Bereits Anfang 1863 wurde im Kurhessischen Landtag eine Bahnstrecke über Wanfried verhandelt, diese jedoch zugunsten der später erbauten Bahn Nordhausen Leinefelde Heiligenstadt Witzenhausen Hann. Münden Kassel aufgegeben.
Eine erstgenannte Streckenführung, die der späteren tatsächlich verwirklichten in etwa entsprach wurde dann im Preußischen Haus der Abgeordneten erwähnt, die dann bis Herleshausen oder Marksuhl weiter geführt werden sollte. Doch waren bis jetzt immer nur Hauptbahnen geplant und gebaut worden. Im Jahre 1878 gab es dann einen Plan für Eisenbahnstrecken untergeordneter Bedeutung (Nebenbahnen). Wobei hier schon die Königliche Eisenbahn-Direktion Frankfurt am Main, die für unsere Gegend zuständig mit der Anfertigung von Vorarbeiten von Frieda nach Treffurt beauftragt wurde. Inwieweit es dann dazu gekommen ist, ist nicht bekannt.
Nach mehreren Gesuchen Anfang der 1880er Jahre, wobei die Stadt Wanfried einen namhaften Beitrag zur Verfügung stellen wollte und der hessische Kommunal-Landtag eine Beihilfe sowie die kostenfreie Nutzung der Chaussee bewilligte, erstellte man im 1883 ein Ausfertigung über das Eisenbahnprojekt Eschwege Eisenach, wobei Berechnungen über die Einzugsgebiete, den zu erwartenden Warenverkehr und die Rentabilität gemacht wurden.
Ausgangspunkt der neuen Strecke ist der Bahnhof Schwebda. Hier das Empfangsgebäude um 1900, noch vor dem Bau der Strecke nach Treffurt (Sammlung: Freunde der Eisenbahn Eschwege)
Doch erst durch das Sekundärbahngesetz Anfang 1898 konnte die Bahn auf Staatskosten gebaut werden. Das Gesetz beinhaltete einen vereinfachten Betrieb, sowie das unentgeltliche und kostenfreie Zur-Verfügung-Stellen von Grund und Boden, bzw. diesen Betrag an die preußische Staatsbahn zu zahlen. Bei der Treffurter Bahn betrug diese Pauschalsumme 280.000 Mark, was anteilig 227.000 Mark für den Kreis Eschwege und 53.000 für den Kreis Mühlhausen bedeutete. Nach rechtsverbindlicher Sicherstellung der Vorausleistung (Land oder Geld) wird die Königliche Eisenbahndirektion (KED) Cassel, die in 1895 gegründet wurde und damit ab dann zuständig war, beauftragt die speziellen Vorarbeiten sofort in Angriff zu nehmen.
Am 20. Mai 1898 wurde per preußischem Gesetz die Konzession für eine Bahnlinie von Schwebda nach Treffurt erteilt. Neben den schon erwähnten Grunderwerbskosten von 280.000 Mark, die die Kreise und Gemeinden aufbringen mussten, wurde noch für den Bau 1.385.000 Mark veranschlagt. Nachdem Ende September 1898 der Grund und Boden von den Kreisen Eschwege und Mühlhausen kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde, kam es im Oktober zu einer sogenannten Streckenbereisung, hierin wurden dann die Linienführung und die Lage der Bahnhöfe und Haltepunkte festgelegt. Hierbei waren »hohe Herren« der anliegenden Städte und Gemeinden, die Landräte der Kreise Eschwege und Mühlhausen, hohe Beamte von den Regierungsbezirken Kassel und Erfurt, sowie wichtige Vertreter der preußischen Staatsbahn aus Kassel.
Nach dem Abstecken der Strecke und ersten Bodenuntersuchungen im Auftrag der KED Cassel, sowie der Abtretung für den Bahnbau benötigten Grund und Boden von den Grundbesitzern, erfolgte im September 1900 die Ausschreibung der Arbeiten zum Bau der Strecke. Am 17. Oktober 1900 erfolgte der erste Spatenstich im Bahnhof Schwebda ohne jedes Zeremoniell, so schrieb es das Eschweger Tageblatt.
Bau und Erweiterung:
Da die Strecke keine großen Projekte in Form von Tunnels, großen Brücken, tiefe Einschnitte und hohen Dämmen brauchte, ging der Bau zügig voran, sodass bereits am 1. Mai 1902 nach nur 18,5 Monaten oder 80 Wochen die Eröffnung unter großem Jubel stattfand. Die neue Strecke führt von Schwebda aus der Kanonenbahn heraus unterhalb vom erst vor kurzem erbauten Schloß Wolfsbrunnen vorbei nach Frieda. Von dort nach Wanfried weiter nach Altenburschla, Großburschla und Heldra, um im Bahnhof Treffurt zu enden. Neben dem Bahnhof Schwebda, den es ja bereits seit der Eröffnung der Kanonenbahn gab, bekam Frieda, Wanfried, Großburschla und Treffurt einen Bahnhof. Altenburschla und Heldra einen Haltepunkt. Treffurt bekam noch eine Lokstation mit einem einständigen Lokschuppen.
Eine Erweiterung der Bahn in Richtung Eisenach über Treffurt hinaus war schon früh geplant, aber die sich durch verschiedene Faktoren verzögerte. Zu einem an den Brücken, die bis zum Bahnhof Hörschel nötig waren, um die Werra sechsmal! zu überqueren, da es die geografischen Gegebenheiten verlangten und bestimmte Orte unbedingt einen Bahnanschluss erhalten sollten. Zum zweiten, da es komplizierte Gebietsverhältnisse waren, von Treffurt bis Hörschel wurden neben dem Kreis Mühlhausen, des Regierungs-Bezirk Erfurt der Preußischen Provinz Sachsen, der Verwaltungsbezirk Eisenach des Großherzogtum Sachsens und der Landratsamtbezirk Waltershausen des Großherzogtums Gotha von dem Bahnbau betroffen. Alle mussten zustimmen und kostenfrei Land zur Verfügung stellen und jeder wollte, dass auch seine Interessen vertreten werden. Und zum Dritten, dass Mühlhausen eigentlich gar kein Interesse an der Strecke in Richtung Eisenach hatte, da die Stadt Bedenken hatte den Handel mit Eschwege durch die Eisenbahn an Eisenach zu verlieren.
Bauarbeiten für die neue Strecke zwischen Schwebda und Frieda. Bild aus dem Buch »Die Kanonenbahn« von Wolfgang Koch
Am 27. Juli 1906 begannen nun die Bauarbeiten der neuen Strecke in Richtung Eisenach, nur war jetzt nicht mehr Hörschel Endpunkt der Strecke und die Verbindung zur Thüringer Stammbahn, sondern in Wartha wurde ein neuer Bahnhof gebaut, womit man eine Werraüberquerung sparte. In Treffurt veränderte sich jetzt auch einiges, es wurden die Bahn- und Lokbehandlungsanlagen vergrößert. Zusätzlich wurden ein neuer 3-ständiger Lokschuppen mit Werkstattanbau, Drehscheibe, Wasserturm, Kohlebansen mit Schuppen sowie Ausschlackgrube und Stellwerk (West) errichtet, sowie ein Beamtenwohnhaus mit Stall. Eine geplante Bahnsteigunterführung und das östlich zu errichtende Stellwerk an der Strecke Richtung Wartha wurden nicht gebaut, dafür kam ein Stellwerksvorbau ans Empfangsgebäude. Die ehemalige Lokstation von 1902 wurde zurückgebaut.
Am 13. Oktober 1907 wurde nun die Strecke nach Eisenach eröffnet. Jetzt konnte man mit dem Zug von Eschwege bis Eisenach fahren, ohne Umweg über Bebra. Es ging schneller und war billiger. Der Eröffnungszug wurde in jedem Bahnhof an der neue Strecke unter großem Jubel empfangen. Im Sommer-Fahrplan von 1908 sind fünf Züge je Richtung von Treffurt nach Eisenach und umgekehrt unterwegs, die für 53 ½ Kilometer zwischen einer und anderthalber Stunde Fahrzeit brauchen, was eine Reisegeschwindigkeit von 35 bis 50 km/h bedeutet. Die Bahnstreckenlänge von Treffurt über Eschwege und Bebra bis Eisenach vor der Eröffnung dieser neuen Linie betrug knapp 105 km. Bei einer Reisegeschwindigkeit von 50 km/h dauerte dieses mindestens 2 Stunden. Die neue Verbindung sparte die Hälfte der Zeit und der Kilometer somit auch an Kosten für die Fahrgäste.
Auch eventuell der dritte Eisenbahnanschluss Treffurts war schon früh im Gespräch, so war bereits 1853 eine Bahn von Mühlhausen in Richtung Eisenach als Nord-Süd-Verbindung ein Thema, die aber 1875/76 weiter westwärts als Bebra-Friedländer Eisenbahn verwirklicht wurde. In 1894/95 wurde eine Strecke von Mühlhausen nach Treffurt als elektrische Bahn favorisiert, doch diese Planung wurde später verworfen, dabei nicht nur die elektrische Bahn, sondern auch der Anschluss Treffurts. Es wurde für eine Umgehung des Ortes und wieder eine Variante der Direktverbindung Mühlhausen Eisenach ins Gespräch gebracht. Diese Idee hatte noch einen gewichtigen Anteil an den Verzögerungen, dass die Bahnlinie von Mühlhausen nach Treffurt solange bis zur Eröffnung brauchte. Es sollte sogar auf einer Teilstrecke der Aufwand eines gemischten Zahnstangenbetriebes stattfinden, um einen Höhenunterschied von 200 Metern zu überwinden. In 1904 erreichte das Eisenbahn-Komitee, dass der Minister für öffentliche Arbeiten die Vorarbeiten für die Strecke Mühlhausen Treffurt anordnete und Baugrundprüfungen durch Erdbohrungen durchführen ließ. Doch wurde noch bis 1906 gegen den Anschluss von Treffurt gewettert.
Am 16. Mai 1905 bewilligte das preußische Abgeordnetenhaus den Bau der Bahn Mühlhausen Treffurt, das Gesetz folgte am 6. Juni 1905. Bewilligt wurden 3.997.000 Mark für den Bau, Die Kosten von 400.000 Mark für den Erwerb von Grund und Boden wurden von der Stadt Mühlhausen und dem Landkreis bewilligt, aber da einige Gemeinden Probleme hatten, die Gesamtkosten für den Grunderwerb aufzubringen, was ihnen auferlegt wurde, verzögerte sich der Baubeginn. Mitte 1906 begannen Vermessungsarbeiten an der zukünftigen Strecke und bis Mitte 1907 auch die Absteckungsarbeiten. Der Spatenstich erfolgte am 29. Juni 1908 im Stadtpark von Mühlhausen, die Arbeiten für die neue Bahn in Treffurt begannen Ende August 1908.
Für die neue Mühlhausener Strecke wurde auch das Empfangsgebäude in Treffurt 1910/11 umgebaut und vergrößert, das war der Abriss des alten Güterschuppens am Empfangsgebäude und Neubau eines Güterschuppens an die Erweiterung, auch der neu erbaute Lokschuppen wird bereits 1908 noch auf 5 Stände erweitert.
Die fast 32 km lange Neubaustrecke, später als Vogteier Bimmelbahn bezeichnet, wurde in Teilen eröffnet. Eine Eröffnung der Teilstrecke bis Heyerode hätte zum 1. Februar 1911 stattfinden können. Doch neben der Stadt Mühlhausen waren die KED und die Handelskammer dagegen. Nach nochmaliger Petition von Treffurt entschied der Minister der öffentlichen Arbeiten, dass die Teileröffnung spätestens zum 1. April 1911 zu erfolgen hat. Die Reststrecke bis Mühlhausen wurde dann zum 1. Juli desselben Jahres eröffnet. Am Tag davor gab es eine Eröffnungsfeier für die Gesamtstrecke, eine Feier für die Teilstreckeneröffnung Treffurt Heyerode drei Monate früher fand nicht statt, da die KED keinen Festzug stellte. Auf der neuen Strecke galt die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 4. November 1904 und die Eisenbahn-Verkehrsordnung vom 23. Dezember 1908. Diese wurde dem Betriebs- und Verkehrsamt Eisenach, dem Maschinenamt Erfurt und dem Werkstättenamt Gotha zugeteilt.
Noch vor der Eröffnung bekam Treffurt Mitte Januar 1911 eine Bahnmeisterei für die Strecke nach Mühlhausen, die aber bereits ab dem 1. Oktober desselben Jahres nach Heyerode zur Mitte der Strecke verlegt wurde. Auch für Wanfried wird eine Bahnmeisterei für 1914/15 bestätigt. Bahnsteigsperren sollten zu Beginn des Sommerfahrplans 1909 auf der Verbindung Eschwege - Treffurt - Eisenach eingeführt werden, da der Personenverkehr auf dieser Strecke so angestiegen war, besonders an schönen Tagen und Markttagen, dass man Fahrkartenkontrolle von einer Station zur nächsten im Zug nicht mehr bewältigte. Treffurt bekam diese aber scheinbar erst Ende Juni 1912, wie auch zusätzlich noch der Bahnsteig für die Mühlhäuser Strecke verlängert wurde. Die örtliche Bauabteilung, die für die Mühlhäuser Strecke zuständig war, wurde bereits Ende März desselben Jahres aufgelöst.
Auf und Nieder zwischen 1918 und 1945:
1919 wurde der Sonntagsverkehr auf den Strecken eingestellt, infolge von Kohlemangel, der entstanden war durch die Folgen des verlorenen ersten Weltkrieges und daraus resultierenden Reparationsleistungen. Aus Sparsamkeitsgründen entfielen im Dezember 1923 die Güterzüge auf der Strecke zwischen Eisenach und Treffurt und es wurden wieder gemischte Züge (Pmg) gefahren, was aber große Verspätungen zur Folge hatte, waren doch die Fahrpläne hierfür nicht darauf ausgelegt. Da hier das Be- und Entladen, bzw. evtl. das An- und Abkuppeln einzelner Güterwagen dann auch mit Rangieren längere Zeit in Anspruch nahm. Am 15. November 1924 wurde die Haltestelle Heldra sowie kurz vorher auch die Haltestelle Altenburschla aus weiteren Spargründen geschlossen. Nach Protest aus der Bevölkerung der beiden Orte wurden diese wieder ab dem 1. Dezember 1924 geöffnet, dann aber nur noch für eingeschränkten Personenverkehr.
Eine für damalige Zeiten Besonderheit hatte Wanfried Anfang der 1920er Jahre. Eine elektrische Schmalspur-Lorenbahn, die vom Kalkbruch im Elfengrund bis zu einer Hochbühne am Bahnhof ging. Dort wurde der abgebaute Kalk aus den Loren von oben in die Güterwagen geschüttet, die von Wanfried dann zu ihren Bestimmungsorten unterwegs waren.
Seit wann es die Bahn gab, ist nicht bekannt, doch in 1925 stellte das Unternehmen Altstädtschen Kalkwerke, die die Bahn und die Kalkwerke unterhielt, den Betrieb ein.
Im Frühsommer 1926 bekam die Bahnstrecke Eschwege - Eisenach noch Konkurrenz auf der Straße, obwohl sie bereits wegen schlechter Zeiten schon weniger Fahrgäste beförderte, führt die Reichspost die Omnibuslinie Eisenach - Treffurt - Eschwege ein, darüber zeigt sich die Eisenbahnverwaltung nicht erfreut.
Blick auf die Stadt Wanfried mit Bahnhof um 1910
Um die Bahn attraktiver zu machen, wurde die Fahrzeit der Züge Treffurt - Eisenach durch Erhöhung der Reisegeschwindigkeit von 40 auf 50 km/h im März 1931 verringert. Ab 16. März 1932 wird auf der Strecke Eisenach - Eschwege der Sonntagsverkehr wieder eingeführt, ob dieser auch auf den anderen Strecken eingestellt war und dieses seit 1919 durchgehend war, ist nicht mehr bekannt.
Im März 1935 wird für die Bahnsteigsperre in Treffurt die alte Wellblechbude durch eine neue moderne verglaste Unterkunft für den Schaffner ausgetauscht. Das ab Juni 1935 neu eröffnete Freibad in Treffurt brachte wahre Besucherströme unter anderem auch mit der Bahn in die Stadt. Es wurden normale Züge mit Verstärkungswagen versehen, teilweise sogar mit Sonderzügen gefahren. Da Treffurt eine der wenige Orte weit und breit war, die über ein Bad verfügten, selbst die Stadt Mühlhausen hatte keines. Die Bahnhofsgaststätte Treffurt wurde im Oktober/November 1935 umgebaut und erweitert mit den Räumen der ehemaligen Post, der 3.Klasse Warteraum vergrößert, der Eingang verlegt, der Ausschank und die Küche neu gestaltet.
Anfang Dezember 1939 führte die Werra starkes Hochwasser, wobei der Eisenbahndamm nach Heldra von Treffurt her mehrfach überflutet wurde. Die Drehscheibengrube des Lokbahnhofs Treffurt lief voll Wasser, dieses führte zum Kurzschluss und mehrtägiger Unbenutzbarkeit dieser.
Am 1. April 1945 fuhr der letzte Zug zwischen Treffurt und Eisenach, danach wurden vier der fünf Werrabrücken von deutschen Soldaten gesprengt, um die Alliierten am Vormarsch Richtung Berlin aufzuhalten. Dass es auch der letzte Zug überhaupt auf dieser Strecke zwischen den Orten Falken und Mihla war, ahnte damals wohl niemand.
Nach Ende des zweiten Weltkrieges wird der erste Zugverkehr für Ende Mai oder Anfang Juni 1945 für die Strecke von Mühlhausen nach Treffurt vermutet. Die Züge fuhren über Treffurt hinaus bis nach Falken, denn die Strecke von Wartha (Eisenach) war nicht mehr passierbar. Die amerikanische Militärregierung genehmigte auch Anfang Juni die Wiederinbetriebnahme der Kieswerke in Treffurt und der Ziegelei in Klein-Töpfer. Obwohl die Amerikaner bis an die Elbe vorstießen, gaben sie die Gebiete von Sachsen und Thüringen an die Sowjetrussen ab, wie es die Konferenz von Jalta (auch Krim-Konferenz) im Februar 1945 vorsah. Mit Abzug der Amerikaner und Einzug der Russen am 3. Juli 1945 wird die hessisch-thüringische Landesgrenze zur Grenze zwischen den Besatzungszonen der USA und der Sowjetunion. Und diese wurde abgeriegelt und war nur noch mit Genehmigung zu überqueren, wobei das unerlaubte Übertreten leider öfters tödlich endete.
Aus der Sammlung der Eisenbahnfreunde Kassel e.V.
Ungeklärt bis heute ist, ob es über die Grenze hinweg zwischen der amerikanischen und der sowjetrussischen Besatzungszone noch Berufs- und Reiseverkehr zwischen Eschwege und Treffurt gab. Von verschiedene Zeitzeugen, die heute leider verstorben sind, sagte einer, dass es bis 1947 noch so war, ein anderer, dass an der Grenze zwei Güterwagen entgleist waren/wurden. Sie standen einige Jahre im Gelände und wurden vermutlich um 1952 beseitigt. Noch Anfang 1947 konnte man in der Heimatzeitung lesen, dass man in Kürze eine regelmäßige Bahnverbindung Wanfried - Treffurt erwarte, doch daraus wurde ja bekanntlich nichts.
Entwicklung West:
Durch die Sprengung der Werrabrücke bei Eschwege am 3. April 1945 durch deutsche Soldaten, um die Alliierten am Vormarsch nach Berlin zu hindern, war auch der Zugverkehr zwischen Eschwege und Treffurt zum Stillstand gekommen. Ab dem 24. Oktober desselben Jahres wurde mit einer stehengebliebenen Kleinlok und ein paar Personenwagen ein Inselverkehr zwischen Grebendorf, vielleicht sogar von der gesprengten Werrabrücke aus, bis Heldra eingerichtet. Ob es auch bis Treffurt ging ist nicht sicher. Im Jahre 1946 wurde ein Brückenbauzug aus Stettin, für mehrere Monate am Haltepunkt Grebendorf stationiert. Dieser Zug kam über Mühlhausen und Treffurt nach Grebendorf. Nach der Wiederherstellung der Werrabrücke bei Eschwege durch die Spezialisten mit ihrem Brückenbauzug wurde der Verkehr bis zu dem neuen Endhaltepunkt Heldra ab dem 13. August 1946 wieder aufgenommen.
Die Einteilung des ehemaligen Deutschen Reiches in vier Besatzungszonen nach dem 2.Weltkrieg brachte auch für die Bahnstrecke von Schwebda nach Treffurt Probleme. Nicht nur dass der Bahnhof Treffurt auf sowjetrussischem und späterem DDR-Gebiet lag und man jetzt nur noch bis Heldra fahren konnte, sondern es war auch noch ein Teil der Strecke zwischen Altenburschla und dem Bahnhof Großburschla auf einer Länge von 320 Metern, die über DDR-Gebiet ging. Durch Verhandlungen konnte man 1952 erreichen, dass der Grenzzaun jenseits des Bahndammes errichtet wurde. Eine Kontrolle ihres Hoheitsgebietes im Bereich der Gleise und Teile des Bahnhofs, die ja in diesem Bereich auf DDR-Gebiet lag, verzichtete die DDR. Den Bundesbahnern, die in diesem Bereich tätig sein mussten, um Weichen umzustellen oder Loks und Wagen zu kuppeln, war dabei nicht ganz wohl, besonders wenn politische Spannungen zwischen Ost und West waren. Denn in Großburschla wurden nicht nur Güterwagen abgeholt, sondern es wurden dort auch die Personenzüge umgespannt, d.h. die Lok wurde vom vor den Zug nach hinter den Zug umgefahren, damit der Zug nach Heldra (meistens dampfbespannt) geschoben werden konnte, denn in Heldra war kein Umspannen möglich. Die Lok schob den Zug anschließend »nach Fahrdienstvorschrift« mit 20 Stundenkilometern bis nach Heldra. Der Schaffner befand sich auf dem ersten Plattformwagen und läutete mit einer Handglocke an unbeschrankten Bahnübergängen. Beim Schienenbus oder Triebwagen wurde der Beiwagen abgehangen und blieb in Großburschla stehen. Der Motorwagen fuhr solo nach Heldra. Erst mit dem Verkehrsvertrag vom 26. Mai 1972 »entspannte« sich die Lage ein wenig, denn die DDR gesteht der BRD das Nutzungsrecht der Strecke zu. Die DB erhielt die Strecke und durfte aufgrund vertraglicher Verhandlung diese benutzen, was bis dahin nur geduldet wurde.
Durch die Grenzziehung zwischen DDR und Bundesrepublik Deutschland waren nun die zwei Orte Altenburschla und Heldra östlich und westlich von der DDR »eingekesselt«, beim Bahnhof Großburschla, der durch Grenze sogar von seinem Ort getrennt war, kam das Kuriosum hinzu, dass der Ort in der Ostzone westlich vom Bahnhof lag, der aber in der Bundesrepublik war zwischen Altenburschla und Heldra.
Der ehemalige Bahnhof Frieda in 1992. Bild mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt von DSO-User ccar
Und nicht nur das Ende der Strecke Schwebda - Treffurt hatte unter der neu gezogenen Grenze zu »leiden«, sondern auch der Bahnhof Schwebda selbst, Da bei dem Trennungsbahnhof zwei von drei Strecken wegfielen, nämlich die nach Leinefelde und Heiligenstadt. Dieser Bahnhof wurde am 1. Mai 1955 als Personenzug-Durchgangsstelle geschlossen, das noch vorhandene Personal wurde abgezogen und an andere Bahnhöfe im Umkreis versetzt. Der Bahnhof wurde nun zu eine unbesetzten Haltestelle degradiert und sogar ab dem 16. November 1959 trotz der heftiger Proteste aus der Bevölkerung aufgelöst und es hielt hier offiziell kein Zug mehr. Wie aber ein ehemaliger Bahnhofswirt des Bahnhofs Schwebda mitgeteilt hatte, wurde beim technischen Halt im ehemaligen Bahnhof folgendermaßen verfahren, dass das Zugpersonal am Eschweger Bahnhof anrief, wann immer potentielle Fahrgäste am Bahnhof Schwebda auf den Zug gewartet hatten. Nachdem aus Eschwege dann das Einverständnis kam, durften die Fahrgäste in den Zug einsteigen und wurden bis zu ihrem Ziel befördert. Diese Vorgehensweise behielt man wahrscheinlich bis zur Errichtung der neuen ortsnahen Bedarfs-Haltestelle Schwebda an der Treffurter Strecke in der Greifensteiner Straße am 1. Juni 1970 bei.
Etwa seit 1960 sind die bis dahin besetzten Haltepunkte Altenburschla, Großburschla und Heldra unbesetzt. Die ehemaligen Empfangsgebäude der Orte Altenburschla und Heldra wurden an Jugendgruppen vermietet, da hier einige Zwischenfälle vorgekommen waren, beschloss die DB den Abriss der beiden Gebäude, was dann im Januar 1971 geschah.
Der schlechte Oberbauzustand der Strecke zwischen Wanfried und Heldra führte ab 25. September 1966 zur Einstellung des Eisenbahnverkehrs und Stilllegung des Abschnittes. Ein Monat später verkehrten zwischen diesen zwei Orten dann die Bahnbusse. Auch am gleichen Tag wurde der Haltepunkt (Wanfried)-Spinnhütte und der nebenstehende Schrankenposten 1 aufgehoben. Der Haltepunkt Spinnhütte wurde wahrscheinlich Ende der 1930er Jahre eingerichtet, da hier eine kriegsrelevante Produktion entstanden ist. Hier wurden Fallschirmteile hergestellt. Nach Ende des 2. Weltkrieges etablierte sich an dem Standort die Firma Bode Strickmoden.
Ab dem 17. Juli 1967 wurde der Güterverkehr mit einer Kleinlok von Wanfried bis Großburschla wieder aufgenommen, der teilweise auch bis Heldra ging. Denn gut zweieinhalb Jahre später wurde dieser zwischen Großburschla und Heldra eingestellt. Das letzte Stück Gleis ab Heldra bis zur Grenze baute man ab und verfüllte neben dem Haltepunkt Heldra in den 1980er Jahren eine baufällige Wegeüberführung, wovor der Prellbock das Ende der Strecke bis mindestens 1994 war.
Die Gleise wurden 1978 zwischen Eschwege und dem Bahnhof Großburschla noch erneuert, doch dem Erhalt des Personenzugverkehrs zwischen Eschwege und Wanfried hat dieses nicht mehr geholfen, denn dieser wurde am 31. Mai 1981 eingestellt. Neben dem wenigen Güterverkehr, der bis Großburschla ging, hier war es die Sägewerk mit Holzhandlung und die Knoblauch-Fabrik, die bedient wurde, waren es am Ende nur noch 65 Waggons im Jahr, die auf der ganzen Strecke zusammenkamen. Ab 1. Dezember 1992 wurde die Strecke nur noch von Eschwege her bis Wanfried bedient. Die offizielle Streckenstilllegung erfolgte Ende 1995.
Entwicklung Ost:
Auf der noch bestehenden Teilstrecke in Richtung Eisenach bis Falken wurde der Restverkehr von Treffurt dorthin ab dem 2. Mai 1949 eingestellt, so wurde es der Öffentlichkeit ein paar Tage vorher mitgeteilt. Der Bahnhof Falken wurde dann geschlossen, Eine Ersatzverbindung gab es nicht, da es auch noch keinen Omnibusverkehr gab.
Mit Wirkung zum 7. Oktober 1951 wurde der Bahnhof Treffurt in den vereinfachten Nebenbahndienst einbezogen und zum Zugleitbahnhof für die Zugleitstrecke Treffurt - Oberdorla (ausschließlich) auf der letzten verbliebenen Strecke, der nach Mühlhausen. Keine acht Monate später am 23. Mai 1952 fuhr der letzte Zug ab Treffurt. Die Einstellung war eine Folge der innerdeutschen Grenze, da ein kurzes Stück bei dem Haltepunkt Feldmühle über bundesdeutsches Gebiet ging und hier die Möglichkeit bestand und auch vorgekommen ist, dass DDR-Bürger hier ihr Land unerlaubt verlassen würden. Aktenkundig war ein innerbetrieblicher Vermerk bei der Rbd Erfurt, dass nach dem 1. Juni 1952 das Streckengleis von Feldmühle (auf DDR-Gebiet) nach Treffurt einschließlich des Bahnhofs abgebaut werden soll.
Bahnhof Treffurt um 1907, freundlich zur Verfügung gestellt von der Eisenbahnstiftung
Die Rbd Erfurt hat ab 1. September 1952 die Annahme und Ausgabe von Gütern am Bahnhof Treffurt gesperrt und diesen somit aufgelöst. Obwohl der Bahnhof wahrscheinlich schon ab Ende Mai ohne Zugverkehr war, war die Bahn doch noch für den Gütertransport ab dem Bahnhof Treffurt zuständig. Ab dem 1. September waren für Güterannahme und -ausgabe die nächstgelegenen Bahnhöfe zuständig, das waren Creuzburg bzw. Wendehausen. Eine geregelte Fahrt dahin war aber nicht organisiert.
Obwohl der Verkehr nach Treffurt eingestellt war, waren im Sommerfahrplan von 1952 (gültig ab 18.5.1952) die üblichen Fahrzeiten wie im Vorjahr bis Treffurt vorhanden. Im folgenden Winterfahrplan war die »Strecke« von Wendehausen nach Treffurt noch vorhanden, jedoch mit dem Vermerk »Züge verkehren nur auf besondere Anordnung«. Doch das war nur Täuschung, denn die Gleise gab es nicht mehr. In dem nächsten Sommerfahrplan war dann Treffurt nicht mehr enthalten.
Um die Transportverhältnisse in der Werrastadt Treffurt zu verbessern, nimmt eine Außenstelle des VVB (Vereinigung Volkseigener Betriebe) Kraftverkehr ihre Tätigkeit am 15. November 1952 auf. Die dafür benötigten 5 LKW werden im nicht mehr benötigten Lokschuppen stationiert. Dieses hat der Leiter der Abt. Verkehr beim Rat des Bezirkes Erfurt, und seinen Mitarbeitern der VVB Kraftverkehr und der ATG (Auto-Transport-Gemeinschaft, zuständig für Einsatz von LKW) erreicht. Somit wurde der Lokschuppen mit den LKWs zur Außenstelle des VEB (Volkseigener Betrieb) Kraftverkehr.
Die Gebäude der Strecke gingen von der Bahn an die Gemeinden über, was sich Rechtsträgerwechsel genannt hat.
Nach nur 50 Jahren war es für immer vorbei mit der Eisenbahn in Treffurt, obwohl hier sogar ein Bahnverkehrsknotenpunkt war, aber die politischen Ereignisse haben das Schicksal besiegelt.
Sonderfahrten und Wiedervereinigung:
Sonderfahrt von Eisenbahnfreunden mit dem Schienenbus der Baureihe 798 mit Bei- und Steuerwagen im Mai 1992 vor der Kulisse des Schlosses Wolfsbrunnen bei Schwebda. Bild mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt von DSO-User Günter T
Auch wurde die Strecke für einige Sonderfahrten genutzt, gab es hier die 100 Jahre Kanonenbahn und 78 Jahre »Botenlieschen«-Fahrt am 15. Mai 1980 mit über 1000 Fahrgästen und Tausenden von Schaulustigen an den Bahnhöfen und Trasse. Nur ein Jahr später am 30. Mai fuhr zum letzten Mal ein planmäßiger Personenzug auf der Strecke, dieser war nochmals gut besetzt und mit einem Trauerschild an der Front:
30. Mai 1981 Letzte Fahrt Eschwege Wanfried Botenlieschen Ade! |
Drei Jahre später, am 26. Mai 1984, einem Samstag, fuhr man mit einem Sonderzug der Deutschen Gesellschaft der Eisenbahngeschichte von Kassel aus bis nach Großburschla. Ein Schienenbus brachte die Gesellschaft bei freundlichem Wetter ins Werratal. In 1992 kam man mit dem Personenzug sogar zweimal bis Großburschla, dem ersten Mal im Mai, einer zweitägigen Sonderfahrt ist ein Schienenbus der Eisenbahnfreunde AG Nebenbahn e.V. von Fulda bis in den Bahnhof gefahren. Beim zweiten Mal im September fuhr ein weiterer Sonderzug, von der AG Nebenbahn e.V. zum Altstadtfest nach Heidelberg und Neckarsteinach, der mit zwei Wagen am Bahnhof Großburschla begann und dort am gleichen Tag wieder endete. Weitere Waggons wurden erst am Bahnhof Wanfried angekoppelt, da in Großburschla die Gleise zu kurz waren, um dort mit allen Wagen zu starten. Ein großes Dampfspektakel gab es schließlich am Wochenende des 11. und 12. Juni 1994 bei den Eisenbahnfreunden im Bahnhof Wanfried. Seit über 20 Jahren fuhr erstmals ein dampfbespannter Zug wieder zwischen Eschwege und Wanfried. Zugpferd war die Güterzug-Dampflok 50 3606-6 aus dem Jahre 1942, beheimatet bei den Altmärkischen Eisenbahn-Freunden in Oebisfelde in Sachsen-Anhalt. Ein Jahr später war die Umsiedelung der Museumsfahrzeuge, zwei Dampfloks, drei Kleinloks und auch mehrere Waggons, wurden von Wanfried nach Walburg abgefahren, wo diese eine neue Heimat fanden. Dieses war die letzte Fahrt auf der Strecke, bevor der Rückbauzug im Sommer 1998 kam.
Eine Besonderheit war, wurde doch hier auch ein Kinofilm gedreht, denn 1979 entstanden hier die Szenen des Streifens »Der Willi-Busch-Report«. Gefilmt wurde im Bereich der Siedlung Bahnhof Großburschla und auch in Wanfried. Wobei dieser Bahnhof einen neuen Namen erhielt und für den Film auf Friedheim umgetauft wurde. Extra für den Film wurde auch mit einem Schienenbus gefahren. Auch die Fortsetzung des Kinofilms »Deutschfieber« nach der Grenzöffnung wurde wieder hier gedreht.
Heute verläuft auf der Trasse, bei der die Gleise komplett entfernt worden sind, in Teilen der Werratal-Radweg, die Brücken, die letzte in 2015, sind auch entfernt, und zum Teil wurde die Strecke überbaut. Die Bahnhofsgebäude sind meist in Privat- oder Gemeindeeigentum. Stehengeblieben sind am Radweg einige Kilometersteine zur Erinnerung an die Bahnstrecke. Die erhoffte Neubelebung durch die Wiedervereinigung blieb aus. Die Bahn sah hier kein Bedarf für eine Reaktivierung. Heute würde sich so mancher vielleicht eine Zugverbindung Eschwege Mühlhausen oder Eisenach ohne diese Umwege über Eichenberg oder Bebra wünschen.
Zum Schluss noch eine kleine Geschichte:
Am Haltepunkt Spinnhütte in Wanfried wollte der Zugführer nach Erteilen des Abfahrtsignals auf den Zug aufsteigen, doch wegen einer defekten Heizleitung und das Ausströmen von Dampf verzögerte es sich ein wenig und der Zug fuhr ohne den Zugführer davon, was aber sonst keiner bemerkte. Beim Halt in Altenburschla merkte man den Verlust des Zugführers. Da jetzt der Abfahrauftrag nicht erteilt werden konnte, wurde es ein wenig unkonventioneller vorgenommen. Der auch anwesende Schaffner teilte mit, dass alle ein- und ausgestiegen waren und schloss die Türen und teilte durch ein »Fertig« mit, dass der Zug zum Abfahren bereit sei und der Lokführer fuhr an. In Großburschla musste auch ein wenig improvisiert werden. Das sonstige Abkuppeln und Umfahren des Zuges musste entfallen, da den Schlüssel zum Öffnen der Weichen beim Zugführer war. Also fuhr man mit Lok voran nach Heldra, wo sonst geschoben wurde. In Heldra angekommen, tauchte der Zugführer wieder auf, er war mit einem Taxi hierher gekommen. Jetzt konnte von Heldra zurück nach Großburschla geschoben werden, mit den üblich vorgeschriebenen 20 km/h. Auch bei der regulären Hinfahrt, nach dem die Lok in Großburschla umgespannt würde, wären es 20 km/h im geschobenen Zug gewesen, doch dieses Mal mit Lok voran konnte man 50 km/h fahren. Doch dieses Mal wurde auf der Rückfahrt in Großburschla umgespannt und danach ging es wieder nach Eschwege.